Heidi Klum : Diese Frau hat nur Dollarzeichen in den Augen

Heidi Klum hatte es auch nicht leicht – was stellen sich also all die Models an, die dank „Germany’s Next Topmodel“ Erfolg hatten? So lautet die Argumentation der armen Millionärin. Wir nennen das: Täter-Opfer-Umkehr.
Als ob die rheinische Frohnatur bisher immer hätte schweigen müssen, legte sie am Donnerstagabend gleich mit einer Zehn-Minuten-Rede los: „Nachdem ich mir so viele Sachen anhören musste, vor allem im letzten Jahr, möchte ich jetzt auch einmal Stellung beziehen, liebe Zuschauer.“ So eröffnete Heidi Klum die 18. Staffel ihrer Pro7-Sendung „Germany’s Next Topmodel“. Und so viel können wir sagen, liebe Leser: Die Verteidigungsrede war die Generalabrechnung einer Medienprofiteurin mit ihren Verächtern aus den Medien.
„Ich komme aus einer Zeit, in der die Branche noch ganz anders funktioniert hat“, sagte die vierfache Mutter, die am 1. Juni 1973 geboren wurde, in Bergisch Gladbach aufwuchs, schon mit 20 Jahren als Model in die Vereinigten Staaten ging und dort eine beachtliche Karriere hinlegte – die allerdings nie in Paris war, oder zumindest nur selten, die also in der wichtigsten Sparte, als Laufstegmodel, kaum auftrat.
Wer nicht in die Kleidergröße 34 gepasst habe, sagte sie, musste nach Hause gehen, das habe sie selbst oft getroffen. „Das war meine Schule. Heute herrschen zum Glück andere Zeiten.“ Nennen wir diese Argumentation Täter-Opfer-Umkehr: Die arme Multimillionärin hatte es auch nicht leicht – was stellen sich also all die Models an, die dank ihrer Sendung Erfolg hatten und sich hinterher trotzdem über sie beschwerten?
Seit 2006 demütigte Heidi Klum Mädchen
Und manipuliert werde in ihrer Sendung auch nicht: „Wir können eine Person nur so darstellen, wie sie ist.“ Man kann von Heidi Klum, die gewitzt ist und geschäftstüchtig, nicht verlangen, dass sie ihre Medienkenntnisse gegen ihr eigenes Fernsehprodukt anwendet. Aber dass Reality-Shows die Wirklichkeit oft auf geradezu absurde Weise verzerren – das hätten ihr sogar der Aufnahmeleiter und die Kameraleute sagen können.
Seit Januar 2006, als sie im deutschen Fernsehen mit ihrer zählebigen Model-Castingshow begann, führte Heidi Klum Mädchen vor (heute müssen sie immerhin volljährig sein), demütigte sie und verbreitete unter jungen Leuten gefährliche Vorstellungen davon, wie ein Körper zu sein habe. So schuf sie auch das Zerrbild einer kapitalistischen Gesellschaft, in der Angeberei, Konkurrenzkampf und Anpassungsbereitschaft alles sind.
Am Set gebe es etwas zu essen, der Kühlschrank sei stets gefüllt, „meine Models müssen nicht hungern“, sagte Heidi Klum. Aber wer soll ihr glauben, dass ihre Bemühungen um „Diversity“ auch zur Vielfalt im Denken verführen? Die Ärzte, die Anorexie behandeln, klagen weiter über eine solche Bühne für falsche Äußerlichkeiten. Die Anpassung an Trends ist nicht ethische Selbstkorrektur, sondern geschäftliches Dogma. Das schöne „Mädsche“ aus Bergisch Gladbach, es hat nur Dollarzeichen in den Augen. Wie schade!