Brände in Los Angeles :
Die Meteorologen warnten vor „außergewöhnlich gefährlichem Feuerwetter“

Von Christiane Heil, Los Angeles
Lesezeit: 4 Min.
Nach dem Feuer: Im Stadtteil Pacific Palisades wurden Tausende Häuser beschädigt oder zerstört.
Es brennt weiterhin rund um Los Angeles. Die Zahl der Todesopfer steigt auf mindestens 16. Und immer lauter wird die Frage: Waren die Behörden nicht ausreichend vorbereitet?
Merken

Die meisten Bewohner Brentwoods hatten ihre Taschen schon gepackt, als am Samstagmorgen die ersten orangefarbenen Rauchschwaden über den Canyons des Viertels im Westen von Los Angeles aufstiegen. Nach den verheerenden Bränden, die sich seit Dienstag über Pacific ­Palisades und Malibu ausbreiten, hatten sie gehofft, der Wind würde die Funken ins unbewohnte Hinterland treiben.

Während Tausende versuchten, das Brand­gebiet im Auto über den Sunset Boulevard zu verlassen, ging am Mandeville Canyon das erste Haus in Flammen auf. Wie das Los Angeles Fire Department (LAFD) meldete, hatte der Wind in der Nacht abrupt die Richtung geändert und die Funken gen Nordosten nach Brentwood und in das San Fernando Valley getrieben. „Das Feuer nähert sich den Häusern. Wir haben alles mobilisiert“, sagte der LAFD-Sprecher Adam VanGerpen.

Tausende mussten ihre Häuser verlassen

Da sich die Windböen, die in den Tagen zuvor mit Geschwindigkeiten von bis zu 160 Kilometer pro Stunde durch die Canyons gefegt waren, abgeschwächt hatten, konnten zumindest die Löschhubschrauber wieder aufsteigen. „Die Hügel in Brentwood und bei Encino sind im Moment am stärksten bedroht“, ließ VanGerpen wissen. Zuvor hatten die Behörden die Evakuierungszone bis nach Brentwood ausgeweitet, in das ehemalige Zuhause von Prominenten wie Marilyn Monroe, Betty White und dem Emdener Regisseur Wolfgang Petersen.

Zwischen dem Pazifik im Westen und der Autobahn I-405 im Osten mussten Tausende ihre Häuser nördlich des San Vincente Boulevard verlassen. Neben Arnold Schwarzenegger und Har­rison Ford gehört auch die amerikanische Vizepräsidentin und ehemalige Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, Kamala Harris, zu den Bewohnern des von Canyons durchzogenen Viertels.

Bis Sonntagmorgen fraß sich das Pa­li­sades-Feuer durch eine Fläche von fast 97 Quadratkilometern und zerstörte oder beschädigte etwa 5000 Wohnhäuser, Stallungen und Autos. Allein in Malibus Osten brannte ein Drittel der Bebauung nieder. „Nach dem Franklin-Feuer und dem ­Broad-Feuer erleben wir jetzt die dritte Feuerkatastrophe in drei Monaten“, sagte Doug Stewart, der Bürgermeister des Küstenorts, bei einem Treffen mit Vertretern des benachbarten Pacific Palisades. Mindestens fünf Menschen kamen durch den Flächenbrand, der inzwischen zu elf Prozent eingedämmt wurde, ums Leben.

In der Region südlich des Angeles National Forest bei Altadena, etwa 90 Kilometer entfernt, kamen seit Dienstag mindestens elf Personen ums Leben. Die ka­lifornische Behörde für Wald und Brand­schutz (Cal Fire) meldete derweil am frühen Sonntag für das Eaton-Feuer eine Eindämmung zu etwa 15 Prozent. Die Flammen breiteten sich dort bislang über mehr als 57 Quadratkilometer aus. Die Evakuierungsanordnungen für zwei kleinere Brände in Sylmar (Hurst-Feuer, drei Quadratkilometer) und Woodland Hills (Kenneth-Feuer, vier Quadratkilometer) wurden am Wochenende aufge­hoben.

Nationaler Wetterdienst warnte schon Tage zuvor

Nach Vorwürfen, die Bürgermeisterin von Los Angeles, Karen Bass, und der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom hätten Südkalifornien nicht ausreichend auf eine Brandkatastrophe vorbereitet, forderte Newsom die Abteilung für Wasser und Strom des Bezirks Los Angeles (LADWP) derweil zu Ermittlungen auf. Die Einsatzkräfte hatten in den ersten Tagen der Löscharbeiten einen zu niedrigen Wasserdruck und leere Hydranten festgestellt. Zudem konnte aus einem Reservoir wegen Reparaturarbeiten kein Wasser nach Pa­cific Palisades gepumpt werden. „Auch wenn Hydranten nicht zur Bekämpfung von großen Flächenbränden entwickelt wurden, hätten mit ihrer Hilfe Häuser gerettet und Evakuierungswege gesichert werden können“, warf der Demokrat den Behörden in Los Angeles vor.

Wie Recherchen des Fernsehsenders CBS zeigten, hatte der Nationale Wetterdienst schon einige Tage vor den ersten Flammen vor einer Brandgefahr durch starke Santa-Ana-Winde bei Trockenheit und dichter Vegetation gewarnt. Am vergangenen Sonntag, zwei Tage vor dem Aus­bruch des Palisades-Feuers und des Eaton-Feuers, sprachen die Meteorologen auch eine sogenannte Red Flag Warning zu „außergewöhnlich gefährlichem Feuerwetter“ für Teile der Bezirke Los Angeles und Ventura aus.

„Viel schlimmer kann es nicht werden“, ließ der Nationale Wetterdienst am Montagabend in sozialen ­Me­dien wissen. Einige Stunden später brannten in Pacific Palisades und Malibu innerhalb weniger Minuten Hunderte Häuser bis auf Schornstein und Fundament nieder.

Mindestens 13 Menschen gelten als verschollen

Zu den Prominenten, die in dem Küstengebiet Anwesen verloren, zählen Mel Gibson, Anthony Hopkins, Paris Hilton, Jeff Bridges und Billy Crystal. Der Schauspieler James Woods („Casino“) fand seine Villa in Pacific Palisades dagegen unversehrt vor. Nach der Flucht aus dem Brandgebiet hatte der Siebenundsiebzigjährige dem Sender CNN zuvor unter Tränen berichtet, sein Zuhause verloren zu haben. „Das Schicksal hat sich bei uns anders entschieden“, schrieb Woods auf der Plattform X am Freitag unter Aufnahmen der zerstörten Häuser seiner Nachbarn.

Der Sheriff von Los Angeles, Robert Luna, schickte am Wochenende Beamte in die Brandgebiete, um nach Vermissten zu suchen. Mindestens 13 Menschen gelten seit Dienstag als verschollen. Der Polizeibeamte warnte zudem vor Plünderern. Um unerwünschte Besucher auf der Suche nach Schmuck und anderen Wertgegenständen abzuhalten, verhängten die Behörden nächtliche Ausgangssperren.

Die Bezirksstaatsanwaltschaft forderte Abenteuerlustige und Hobbyfotografen derweil auf, keine Drohnen aufsteigen zu lassen. Am vergangenen Donnerstag brach ein kanadisches Löschflugzeug, ein sogenannter Super Scooper, den Einsatz ab, als es durch eine Drohne beschädigt wurde. „Wer meint, aus Spaß eine Drohne aufsteigen lassen zu müssen, wird ver­haftet, angeklagt und mit der Höchststrafe ­belegt“, kündigte Bezirksstaatsanwalt ­Na­than Hochman an.

Wegen weiterer erwarteter Santa-Ana-Winde verlängerte der Nationale Wetterdienst die Red Flag Warnings für das Brandgebiet vorerst bis Mittwoch. Bei Böen mit Geschwindigkeiten von bis zu 70 Kilometern pro Stunde sprachen die Meteorologen am Wochenende auch für die Nachbarbezirke San Bernardino und Orange Feuerwetterwarnungen aus – die Vorstufe der Red Flags.

  翻译: