Seilbahnunglück in Italien :
Überlebender Junge bei Bewusstsein

Von Matthias Rüb, Rom
Lesezeit: 2 Min.
Rettungskräfte bergen die abgestürzte Gondel an der Unfallstelle.
Als Einziger überlebte der israelische Junge den Gondel-Unfall am Lago Maggiore. Nun erlangte er auf der Intensivstation das Bewusstsein wieder und konnte sogar mit seiner Tante sprechen.
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Fünf Tage nach dem Seilbahnunglück mit 14 Todesopfern befindet sich der einzige Überlebende der Katastrophe auf dem Weg der Besserung. Wie die behandelnden Ärzte in der Turiner Klinik Regina Margherita am Freitagmorgen mitteilten, ist der fünf Jahre alte Junge seit Donnerstag bei Bewusstsein und atmet selbständig. Der Junge habe auch mit seiner Tante gesprochen, die seit dem Unglück vom Pfingstsonntag in Turin Krankenwache gehalten hatte. Der Zustand des Jungen sei wegen innerer Verletzungen und der erlittenen Frakturen aber nach wie vor ernst, hieß es aus der Klinik. An diesem Wochenende soll der Junge von der Intensivstation auf die Kinderstation verlegt werden.

Italienische Medien berichteten, dass der Junge das Unglück wohl nur deshalb überlebt habe, weil ihn sein Vater beim Absturz der Gondelkabine in den Armen gehalten habe. Die Eltern und Großeltern des Jungen sowie dessen zwei Jahre alter Bruder, die das Unglück nicht überlebten, wurden am Donnerstag in Israel beerdigt.

Warum riss das Zugseil?

Unterdessen konzentrieren sich die Ermittlungen zum Hergang des Unglücks auf das gerissene Zugseil. Das Zugseil der 1970 in Betrieb genommenen Anlage war zuletzt 1998 ersetzt worden. Bei der letzten Prüfung und Wartung von Zug- und Tragseilen im November 2020 wurden nach Angaben des Wartungsunternehmens Leitner keine Anomalien festgestellt. Als gesichert gilt, dass die Kabine nur deshalb nach dem Riss des Zugseils talwärts raste und nach der Kollision mit einem Pfeiler schließlich abstürzte, weil das Notbremssystem deaktiviert worden war.

Ein vom Gericht bestellter Sachverständiger von der Universität Turin besuchte am Freitag die Unglücksstelle. Außerdem wurden die Daten der „Black Box“ ausgewertet, die alle Bewegungen der Seilbahn registriert. Die Ermittler wollen herausfinden, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Riss des Zugseils und den häufigen Nothalten der Anlage in den Wochen vor der Katastrophe gab. Die Ermittler gehen bisher davon aus, dass die Seilbahn seit deren Wiederinbetriebnahme am 27.April fast ständig ohne funktionsfähiges Notbremssystem betrieben worden war.

Die drei am Mittwoch verhafteten Männer, die nach Überzeugung der Staatsanwälte in Verbania mit ihrem „schuldhaften Verhalten“ das Unglück verursacht haben, werden an diesem Samstag dem Haftrichter vorgeführt. Die Staatsanwaltschaft fordert wegen Fluchtgefahr die Verlängerung der Untersuchungshaft. Den Beschuldigten drohten „schwerste Strafen“, hieß es in einer Mitteilung der Strafverfolger. Nach Medienberichten wussten nicht nur die drei, sondern faktisch alle Mitarbeiter der Seilbahngesellschaft, dass die Anlage fortgesetzt ohne funktionierendes Notbremssystem betrieben wurde.

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