Neuer Campus Westend :
Noch fehlt der Goethe-Turm

Sascha Zoske
Ein Kommentar von Sascha Zoske
Lesezeit: 2 Min.
Geschichtsträchtig: Mit dem Bezug des IG-Farben-Hauses durch die Goethe-Uni begann vor mehr als 20 Jahren die Erschließung des Campus Westend.
Der Neubau der Frankfurter Universität im Westend ist eine Erfolgsgeschichte. Das letzte Kapitel muss allerdings noch geschrieben werden.
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An manchem rotweinseligen Abend wird sie aufleben, die Erinnerung an den AfE-Turm auf dem alten Frankfurter Uni-Campus in Bockenheim. Veteranen des antikapitalistischen Kampfes mögen erzählen von der Aneignung des brutalistischen Baus durch revolutionäre Wandmalereien und flammenden Diskussionen in Seminaren, in denen den Verdammten dieser Erde endlich Gerechtigkeit widerfuhr. Womöglich mündet der nostalgische Flashback in eine Schmährede auf den neuen Sitz der Goethe-Uni im Westend – den „IG-Farben-Campus“, wie der ge­schichtsbewusste Linke gerne sagt – und die dort von den Baubeauftragten des Neoliberalismus installierte „Herrschaftsarchitektur“.

Man muss kein ergrauter Gemeinschaftskundelehrer sein und auch keine AStA-Vorsitzende mit Grünen-Parteibuch, um manches kritisch zu betrachten, was in den vergangenen 20 Jahren auf dem Gelände hinter dem historisch belasteten IG-Farben-Haus entstanden ist. Der an diesem Monument ausgerichtete Masterplan für das Areal hat ebenso zu einer gewissen gestalterischen Uniformität beigetragen wie die Zwänge eines möglichst funktionalen und kostensparenden Bauens.

Saubere Gebäude, attraktive Grünanlagen

Trotzdem darf zum Abschluss des dritten Bauabschnitts, der den Sprach- und Kulturwissenschaftlern ein neues Domizil beschert hat, eines festgehalten werden: Die noch junge Historie des Campus Westend ist eine Erfolgsgeschichte, die in Hessen, ja in Deutschland ihresgleichen sucht. Von Gästen ist nach einem Rundgang durch die sauberen, gut ausgestatteten Gebäude und zusehends attraktiven Grünanlagen oft der Satz zu hören: „Hätte ich doch nur unter solchen Bedingungen studieren dürfen.“

Noch ist allerdings das letzte Kapitel in der Chronik dieses gelingenden Großprojekts nicht geschrieben. Zur Vollendung braucht der Campus ein Studierendenhaus, mit dessen Bau im nächsten Jahr endlich begonnen werden soll und dessen Architektur nach dem bisher bekannten Entwurf eine Belebung des Ensembles verspricht. Vor allem aber fehlt noch die Zentralbibliothek: Kein Büchersilo soll sie sein, sondern ein Ort multimedialen Lernens und interdisziplinärer Kommunikation. Um diesen Schlussstein setzen zu können, bedarf es nochmals großer planerischer und finanzieller Anstrengungen. Die Mühe ist es wert – gilt es doch, einen neuen Goethe-Turm zu errichten, mit dem künftige Juristen, Wirtschaftswissenschaftler, Soziologen und Psychologen gleichermaßen angenehme Erinnerungen verbinden.

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