Der Wandertipp : Was den Taunus steinreich macht
Die Geologie – ein Glücksfall. So sehen es seit einigen Jahren ganze zu „Geoparks“ gewandelte Regionen wie Odenwald, Eifel oder der jüngst zum „Vulkanpark“ erhobene Vogelsberg. Mit Besucherzentren, objektbezogenen Schautafeln sowie Veranstaltungen und Führungsdiensten kann kein Aufwand groß genug sein, um den Erdkräften Anschauung zu verleihen. Allein der Taunus schenkt dem Werbe- und Wissenswert seines Stein-Reiches als Gesamtheit wenig Beachtung.
Für die Außendarstellung spielt es kaum eine Rolle, dass man als Teil des bis 400 Millionen Jahre alten Rheinischen Schiefergebirges mit dem 880 Meter aufragenden Großen Feldberg die höchste Erhebung zwischen Ardennen und Sauerland besitzt, oder dem, was nach der Wanderschaft um die halbe Erdkugel übrig blieb. Auf der Reise vom Äquator verlor das Gebirge mehrere Tausend Meter Mächtigkeit, wurde gepresst, gestaucht und gehoben, wobei Tonschiefer entstand, vor allem aber der für den Taunus so typische Quarzit.
Dank diesem durch Kieselsäure extrem harten Gestein besitzt die Region allerorten großartige, den geologischen Prozessen fassbare Dimensionen gebende Formationen: Zacken- und Brunhildisfels am Feldberg, die 60 Meter langen Eschbacher Klippen nahe Usingen oder die weiß gebänderte Marmorgruppe unterhalb des Herzberges. Ohne das Material gäbe es auch keine prähistorischen Objekte. Erst mächtige Geröllhalden erlaubten etwa Kelten den Bau kilometerlanger Ringwälle.
Und sollte es noch eines Argumentes pro „Geopark Taunus“ bedürfen, braucht man nur ins Köpperner Tal bei Wehrheim zu schauen. Dort besteht der größte Quarzitbruch Europas. Aus bescheidenen Anfängen zur Gewinnung von Bahnschotter erwuchs das vor 125 Jahren begründete „Taunus-Quarzit-Werk“ mit einer heutigen Tagesförderung von rund 4000 Tonnen. Die Nachfrage stieg stark an, seit sich die vielfältigen Eigenschaften von Quarzit als Zuschlag bei Asphalt, als Filterkies und Edelverputz oder – wegen seines hohen Schmelzpunktes von 1500 Grad – für säure- und feuerfeste Behältnisse zeigten.
Jetzt zum international operierenden Baustoffkonzern Holcim gehörend, wird das Gestein auf 25 Hektar gewonnen (weitere 20 Hektar sind renaturiert oder dienen als Reserve). Ein frei zugänglicher Aussichtspunkt 140 Meter über der untersten von sieben Trassen lässt erkennen, wie Kipplaster die abgesprengten Brocken zu den Brecher-, Sieb- und Entstaubungsanlagen transportieren. Ob bereits die Römer den Bruch nutzten, muss offenbleiben. Bei Limestürmen und Kastellen wie der Saalburg fand das spröde Gestein jedenfalls Verwendung. Auch deshalb blieb wenige Hundert Meter unter dem Quarzitwerk der Grenzwall in bemerkenswerter Mächtigkeit erhalten.
Wegbeschreibung
Vom Bahnhof Köppern der Taunusbahn findet man rasch in die ausgedehnten Wälder westlich des Ortes. An der Station wie auch am „Forum“ in der Dreieichstraße gibt es viel Parkraum. Dorthin, ab der Station die zweite Straße rechts, begleiten mehrere Markierungen. Entscheidend ist das Naturpark-Zeichen schwarzes Hirschgeweih.
Nach Queren des Erlenbachs – halb links in die Saalburgstraße – weist es an der „Mitfahrbank“ solo unter die Bäume. Für die nächsten Stunden werden sie uns nicht freigeben, ohne dass sich Eintönigkeit einstellt. Zu abwechslungsreich sind die Bestände zwischen Buchen, Eichen, Kiefern und selbst größeren Lärchenarealen. Teilweise Sturmschäden geschuldet, mehr noch als Folge forstwirtschaftlichen Umdenkens, bleibt jetzt Altholz liegen, und Pionierpflanzen wie Birken, Ginster oder Ebereschen dürfen sich flächig ausbreiten.
Ihnen kommt die sonnige Südflanke über dem Erlenbach zugute, was freilich Steigen bedeutet. Anfangs moderat, sind später einige fordernde Passagen eingebaut. Zum Verschnaufen lädt die Fuchslöcherhütte am markanten Richtungswechsel vor dem Graueberg – rechts, dann links. Die 459 Meter hohe Erhebung selbst ist so unauffällig wie das vom Quarzitbruch ausgefräste Hochplateau. Größe und Tiefe offenbart erst die kleine Plattform etwas links versetzt.
Weiter geht es am Rand der obersten Trasse entlang und bald bergab. Das Hirschgeweih zieht kurz darauf eigene Bahnen. Statt seiner verharren wir geradeaus bei den unterdessen hinzugetretenen Zeichen blaues X und schwarzes T. Vor mächtigen Buchen weisen sie munter fallend abwärts, ehe sie nach gut einem Kilometer überraschend rechts einen hohen Wall besteigen; dahinter links.
Er gibt sich auf der offenen Rückseite als der römische Limes zu erkennen. In außergewöhnlicher Mächtigkeit ist er hier noch vorhanden. Aber nicht allein weil Steine und Bewaldung Schutz boten. Tatsächlich war das Bollwerk im nordwestlichen Taunus weit stärker als üblich zur Abwehr der unruhigen Chatten ausgebaut.
An größeren Kastellen war die Grenze üblicherweise durchgängig, wie die Saalburg am Pass vor dem Usinger Becken. Das eigentlich nähere Köpperner Tal, das wir unten erreichen, dürfte wegen Enge und Hochwassergefahr ungeeignet gewesen sein. Längst gebändigt, entstanden eine nach der Saalburg benannte Eigenheimsiedlung sowie ein großer Freizeitpark („Lochmühle“).
Entsprechend hält hier die Taunusbahn. Stark verkürzend könnte man also bereits jetzt schon zusteigen. Ansonsten heißt es neben der Zufahrtsstraße weitergehen und vorne den breiten Kreuzungspunkt unterquert. Drüben schwenken wir mit dem nun maßgeblichen schwarzen Punkt links ein. Er holt moderat ansteigend die verlorenen Höhenmeter wieder auf, wobei gelegentlich zwischen dicht stehenden Fichten das hellweiß gleißende Quarzitwerk gegenüber aufblitzt.
Dass Wind und Wetter durchaus diesem harten Gestein zusetzen, zeigt sich nach einer halben Stunde, wenn hinter einer Rechtskurve der Richtungsgeber „Säunickels Kleiderschrank“ auftaucht. Gegen Ende des 250 Meter langen Abstechers liegt eine verwitterte, gräulich überzogene Quarzitgruppe offen am Hang. Ihre Auswaschungen nährten die Legende um eine entführte Tochter des Köpperner Schweinehirten Säunickel. Obwohl gut versteckt, sollen sie schwedische Soldaten im Dreißigjährigen Krieg aufgespürt und mitgenommen haben. Nur die Kleider blieben zurück.
Wieder am Ausgangspunkt, geht sich der Rest unter luftigen Buchen wie von selbst. Zu beachten ist lediglich der finale Abstieg: Wenn nach einem Kilometer eine große, rechteckige Windbruchzone vollständig passiert und die Rechtskurve genommen wurde, knicken wir kurz danach links in den steilen Hang. Das dort fehlende Zeichen grünes Eichenblatt tritt erst tiefer unten auf. Doch das spielt nun fast keine Rolle mehr.
Bei Ankunft am Waldrand heißt es links. Entweder gleich rechts durch die lose Bebauung im Sandelmühlweg zur Homburger Landstraße oder, um deren Verkehr auszuweichen, noch 300 Meter am Baumrand entlang bis zu einer Sitzbank. Sie gibt das Signal, kurz dahinter rechts in den begrasten Weg einzubiegen. Er endet am Gleisübergang vor dem Bahnhof Köppern.
Anfahrt
Der Friedrichsdorfer Stadtteil Köppern liegt nahe der A 5, Anschlussstelle Friedberg; die Bahnstation allerdings am südlichen Ausgang in Richtung Hauptort. Es lässt sich auch ab dem Homburger Kreuz (A 661) die Umgehungsstraße nutzen; Ausfahrt Burgholzhausen. – Die Taunusbahn verkehrt halbstündlich von Bad Homburg (S 5), am Wochenende stündlich.
Sehenswert
Tiefe Einblicke in die Erdgeschichte des Taunus geben die steilen Flanken im Köpperner Tal. Hier ist es über 300 Millionen Jahre alter Quarzit, der an einer Seite als Felsformationen zutage tritt und auf der anderen durch einen Steinbruch weit geöffnet wurde. Von seiner Plattform 140 Meter über dem Bodenniveau können die sieben Trassen und der Werksverkehr des größten Quarzitbruchs Europas eingesehen werden.
Bereits die Römer nutzten das extrem harte Gestein. Bei Limestürmen und Kastellen wie der Saalburg fand es Verwendung. Nicht zuletzt deshalb blieb wenige Hundert Meter unter dem Quarzitwerk der Grenzwall in erstaunlicher Mächtigkeit erhalten. Zur Abwehr der im Hintertaunus ansässigen Chatten war er hier besonders stark gesichert.