EM-Kolumne „Bolzplatz“ : Ein Toast auf die Schotten

Der Marienplatz in München bietet zur Anstoßzeit ein Wimmelbild: blaue Bierkästen, wohin das Auge reicht. Man kann es sich minutenlang anschauen.
Als EM-Reporter mit Anspruch will man in diesen Wochen, in denen man auch selbst im Rausch des Moments mittreibt, möglichst beides erfassen: das, was ist, und das, was bleibt. Wer sich schon am ersten Tag des Turniers ernsthaft mit diesem Auftrag auseinandersetzte, der musste am Freitag nicht nur mittags auf den Marienplatz in München schauen, als die Fußballfans aus Schottland sich dort für das Spiel ihrer Mannschaft – man muss das so sagen – warmsoffen, sondern auch später, als sie dann wieder weg waren. Und das, was blieb, waren: blaue Bierkästen.
Es ist im Laufe des Tages eine Luftaufnahme entstanden, die man sich seitdem im Internet ansehen kann. Und wer das Bild am Freitagabend mit Anpfiff des ersten EM-Spiels entdeckte und dann sofort damit anfing, die blauen Bierkästen, die sich um die Mariensäule stapelten, zu zählen, der war sehr wahrscheinlich erst dann damit fertig, als es schon 2:0 für Deutschland stand.
Man konnte und kann sich dieses Wimmelbild wirklich minutenlang anschauen. Und weil das so ist, sollten sich die Kuratoren des Museo del Prado in Madrid mit dem Gedanken auseinandersetzen, ob sie das nicht demnächst in dem Raum ausstellen wollen, in dem auch die Mutter aller Wimmelbilder hängt: „Der Garten der Lüste“ von Hieronymus Bosch.
Bierkästen im Prado? Rausch aus dem Rausch! Was bleibt von diesem Bild? Die Erkenntnis, dass die Kneipen in Köln, wo die Schotten als Nächstes aufkreuzen werden, sich freuen dürfen.
Und die Einsicht, dass die Schotten genau die Gäste waren, die Deutschland als Partystarter brauchte – wegen des Auftritts ihrer Fans, aber eben auch wegen des Auftritts ihrer Mannschaft.