Tuchel als Nationaltrainer : England braucht keinen Patrioten
In dieser Woche wollen wir für die Ausschreibung eines Preises plädieren, den es noch nicht gibt, aber geben sollte: den Eric Hobsbawm Award für die Analyse von Nationalismus und Sport.
In seinem Buch „Nationen und Nationalismus“ schrieb der britische Historiker: „Was den Sport als Medium der Vermittlung einer nationalen Gesinnung zumindest bei Männern so unerhört wirksam macht, ist die Mühelosigkeit, mit der sich selbst die politisch oder öffentlich uninteressierten Individuen mit der Nation identifizieren können, sobald diese durch erfolgreiche Sportler symbolisiert wird [. . .].“
So wie in England, wo der Fußballverband FA in dieser Woche den Deutschen Thomas Tuchel als Trainer seiner Nationalmannschaft einstellte. Sofort meckerte die „Daily Mail“: „Wir brauchen keinen Thomas Tuchel, sondern einen Patrioten, für den das Land an erster, zweiter und dritter Stelle steht.“
Und weil man sich natürlich nicht vormachen muss, dass die Reaktionen in Deutschland anders wären, wenn der DFB einen ausländischen Nationaltrainer vorstellen würde, hier ein Merksatz, der immer und überall gilt: Wer Patriotismus für die Lösung hält, hat das Problem nicht verstanden.