Neue Frauen-Liga in Amerika :
Plötzlich wird Volleyball zum Hauptberuf

Lesezeit: 3 Min.
Neue Perspektiven: Volleyball-Profi Anna Pogany
Eine neue Liga in Amerika will Frauen-Volleyball vor den Olympischen Spielen in Los Angeles professioneller machen. Auch die Libera des deutschen Nationalteams spielt mit – und profitiert.
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Anna Pogany hat 139 Länderspiele für das deutsche Volleyball-Nationalteam absolviert, mit den Roten Raben Vilsbiburg und dem Schweriner SC gewann sie viermal den Pokal. Dennoch wurde sie in Deutschland oft gefragt, was sie beruflich mache? Und von was sie denn so lebe? „Hier ist es ganz anders“, schwärmt die 30-Jährige von ihrem aktuellen Leben in Texas. In Alltagsgesprächen und Zufallsbegegnungen erlebt Pogany eine enorme Zugewandtheit. Niemand stelle ihren Job als Profi-Volleyballerin bei LOVB Houston in Frage, alle fänden es super, was sie macht: „Die Leute sind extrem sportverrückt.“

Die League One Volleyball (LOVB) ist eine Neugründung im amerikanischen Sport mit zunächst sechs Teams – vorangetrieben von Volleyball-Enthusiasten und Profis aus anderen Sparten wie etwa Ski-Profi Lindsey Vonn, unterstützt von Investoren.

Hintergrund ist das Bestreben, Frauen-Volleyball im Hinblick auf die Olympischen Spiele in Los Angeles 2028 auf eine professionellere Ebene zu heben. Die Alltagserfahrungen von Anna Pogany und die historische Entwicklung verlaufen dabei durchaus konträr. Obwohl das US-Team seit 2008 bei allen Olympischen Spielen eine Medaille gewann und in Tokio sogar Olympiasieger wurde, gab es bisher keine Profi-Liga.

Auch andere Nationalspielerinnen folgten dem Lockruf

Zwar erfreut sich College-Volleyball in den USA großer Beliebtheit, und die Finalpartien werden regelmäßig von zehntausenden Zuschauern besucht, doch die amerikanischen Spielerinnen mussten bislang den Weg über Europa gehen, wenn sie ihren Sport zum Beruf machen wollten – viele traten gerne in der Bundesliga auf. Dort hinterlassen Athletinnen wie Tia Jimerson, Top-Scorerin der Bundesliga 2024 beim Dresdner SC und nun in Atlanta engagiert, eine schmerzhafte Lücke.

„Die Leute sind extrem sportverrückt“, sagt Anna Pogany, hier 2024, über ihre ersten Erfahrungen in den USA.
„Die Leute sind extrem sportverrückt“, sagt Anna Pogany, hier 2024, über ihre ersten Erfahrungen in den USA.picture alliance/dpa

Zusammengestellt sind die sechs LOVB-Teams überwiegend mit amerikanischen Akteurinnen, aber auch internationalen Stars und einigen deutschen Nationalspielerinnen, die dem Lockruf „Go West“ folgten. Diagonalangreiferin Kimberly Drewniok spielt nun in Omaha, Außenangreiferin Jennifer Janiska in Madison.

In Houston agiert Anna Pogany als Libera Nummer eins, wobei auch ihre interne Konkurrentin eine durchaus beachtliche Rolle spielt. Die 25-Jährige Keyla Alves Ramalho, besser bekannt als Kay Alves, ist eine brasilianische Nationalspielerin, die vor allem als „Social-Media-Star“ Aufmerksamkeit erregt und schon bei „Big Brother Brazil“ auftrat. „Sie hat 17 Millionen Follower bei Instagram“, staunt Anna Pogany über die Internet-Berühmtheit ihrer Kollegin: „Ich habe 17.000.“

Für die Verpflichtung von Kay Alves sprachen sicherlich auch Marketing-Gründe. Dass der erfahrene italienische Trainer Massimo Barbolini aber auf Anna Pogany als Start-Libera setzt, zeugt davon, dass die Performance auf dem Spielfeld im Vordergrund des Projekts steht. „Die Bedingungen sind sehr professionell, das Niveau gut“, ist Poganys bisheriger Eindruck.

Das Auftaktmatch gegen Austin hat Houston vergangene Woche 3:2 gewonnen, einen Tag später gegen Omaha 0:3 verloren. Am Samstag hat Houston 3:1 gegen Salt Lake City gewonnen. Unabhängig vom Spielerfolg war es für Anna Pogany ein wichtiger persönlicher Lebens- und Karriere-Schritt, sich aus der Komfortzone Schweriner SC zu lösen. Dort galt die 1,70 Meter große Libera seit sechs Jahren als feste Größe. Doch die Attraktivität der Bundesliga mit aktuell nur noch neun Teams, hatte in den vergangenen Spielzeiten gelitten.

Seit Anfang November wohnt die gebürtige Berlinerin nun im 25. Stock eines 40-Etagen-Hochhauses in Houston – genießt den Ausblick – und versucht ansonsten, sich in der ausufernden Stadt zu orientieren. Ihre Entscheidung, es in der „League One Volleyball“ zu versuchen, wurde zusätzlich durch die Möglichkeiten ihres Freundes unterstützt, ebenfalls ein Projekt in Amerika anzunehmen.

Die Libera hat in Houston einen 1+1-Vertrag unterschrieben – für eine Saison mit der Option auf eine Weitere. Die Spielzeit läuft bis Mitte April. Zum 31. Januar muss sie sich entscheiden, ob sie eine weitere Saison dranhängt.

Zwischendurch kehrt sie aber auf alle Fälle zurück nach Deutschland, wo Verpflichtungen mit der Nationalmannschaft auf sie warten: erst Spiele der Nations League, dann die Weltmeisterschaft in Thailand. Wenn sie dann als Expertin aus Amerika anreist, ist allen klar: Anna Pogany spielt hauptberuflich Volleyball.

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