Olympia-Kolumne „Made in China“ : Der Panda darf nicht weinen

Das Olympia-Maskottchen Bing Dwen Dwen soll gute Laune verbreiten. Sobald jemand sein Gesicht mit Tränen verunziert, werden die Chinesen nervös. Das passt nicht zum Schein der Spiele. Eine Glosse.
Vor ein paar Tagen stand ein Bing Dwen Dwen aus Schnee vor unserem Hotel. Ein Panda, schwarz umrandete Augen, Herzchen auf den Pfoten, das liebste Maskottchen der Winterspiele, überall ist er ausverkauft. Seine Mundwinkel sind zu einem Lächeln nach oben gezogen. Tierisch satt und freudig winkte er einem zu. Doch dann, was war das? Schwarze Tränen liefen Bing Dwen Dwen die Wangen hinunter, wie verschwommene Mascara.
Zwei Polizisten nahmen Schnee vom Boden. Sie versuchten, seine Tränen zu verdecken, immer wieder. Doch der Schnee blieb nicht haften. Dieser Bing Dwen Dwen wollte so gar nicht in das Bild passen, das die Chinesen zeichnen: von perfekten Winterspielen ohne Corona, von freudigen, gemeinsamen Erlebnissen. Auf der IOC-Pressekonferenz sagte eine freiwillige Helferin, die Spiele hätten ihr Herz erwärmt, seien eine Erfahrung, die sie nie vergessen werde.
Der weinende Bing Dwen Dwen steht für die Themen, die nicht offen besprochen, sondern instrumentalisiert wurden, für die Tennisspielerin Peng Shuai, die zwar da war, aber nicht offen reden konnte. Er steht für die Unterdrückung der Uiguren (eine von ihnen hatte das Feuer entzündet), für den perfekten Anschein. Er steht für die Themen, die schon vor dem Start sorgsam weggelächelt wurden.
Am Tag darauf, war der Panda plötzlich verschwunden. Weil es zu warm geworden war? Oder weil er einfach nicht reingepasst hat?