Neuzugang Aurela Amenda: Ein Leader für die Abwehr von Eintracht Frankfurt

In einer Hinsicht begegnen sich der Frankfurter Trainer Dino Toppmöller und sein Neuzugang Aurele Amenda auf Augenhöhe. Der 1,97 Meter große und gut 90 Kilogramm schwere Innenverteidiger aus der Schweiz spreche „viele Sprachen“, sagt Toppmöller, der sich als Fußballlehrer beispielsweise fließend auf Französisch verständigen kann. Der aus dem Berner Kanton Biel stammende Amenda muss grinsen, als er auf seine Sprachbegabung angesprochen wird. Er spreche „sehr gut Schweizerdeutsch, aber kein richtiges Deutsch“, gibt der 20 Jahre alte Profi preis. „Ich verstehe alles, aber ich spreche nicht perfekt.“ Doch mit der Zeit, ist sich Amenda, dessen Muttersprache Französisch ist, sicher, „wird das schon“. Um von den vielen Vorzügen des begabten und auch auf Englisch parlierenden Abwehrspielers aktiv profitieren zu können, musste sich die Eintracht, die am 24. August (18.30 Uhr) mit dem Spiel in Dortmund in die neue Saison startet, bevor sie am Samstag (15.30 Uhr) drauf Hoffenheim empfängt, bei ihm in großer Geduld üben. Sie hätte das große Verteidigungstalent gerne schon früher an den Main gelotst. Nur sein ehemaliger Arbeitgeber Young Boys Bern hatte im Winter keinen Ersatz für Amenda gefunden, weshalb dieser dann als Frankfurter Leihspieler die Saison in der Schweiz beendete. Auch sein Start in den hiesigen Trainingsbetrieb verzögerte sich, nachdem er sich Anfang Juni eine Sehnenverletzung im hinteren Oberschenkel zugezogen hatte. Am Donnerstag absolvierte Amenda, dessen Langzeitvertrag bis Mitte 2029 datiert ist, dann nach gutem Heilungsverlauf immerhin sein erstes Training mit der Mannschaft. Er müsse zwar noch „ein paar Einzeltrainings machen“, aber im Trainingslager in der kommenden Woche in den Vereinigten Staaten werde er „100 Prozent mit der Mannschaft trainieren“ können. Er habe sich am Donnerstag „sehr wohl gefühlt“, teilte er mit. In Bern ein Führungsspieler geworden Der 25malige Juniorennationalspieler – die Schweizer U 19 führte er einst als Kapitän an – bekommt die Zeit, die er braucht. Das gilt auch für seinen Entwicklungsprozess in Frankfurt auf dem Weg zum angestrebten Bundesliga-Stammspieler. Toppmöller glaubt, dass sein Neuer „zum Leader werden“ könne. Denn für sein Alter, sagt der Trainer, sei Amenda „schon sehr reif“. Und in der Tat: „In Bern bin ich ein Leader geworden. Das will ich auch hier zeigen“, sagte Amenda und kündigte an, sich „nicht verstecken“ zu wollen. In der Vorsaison absolvierte er 32 Pflichtspiele für den Meister aus Bern, davon vier in der Champions League und zwei in der Europa League. Zwei Torvorlagen gelangen ihm dabei. Aus dem vielversprechenden Newcomer wurde im Schweizer Fußball schnell eine gestandene Größe. Die Swiss Football League wählte Amenda in das Team des Jahres, wie auch die Spieler bei ihrer Abstimmung im Rahmen der Golden Player Awards 2023/24. Als Belohnung für seinen Aufstieg, der auch kleine Rückschläge beinhaltete, gehörte Amenda zum vorläufigen Aufgebot für die Europameisterschaft. Amendas Verletzung ersparte Nationaltrainer Murat Yakin die Personalentscheidung bei seinem Perspektivspieler. Wäre es anders gekommen, hätte Amenda im besten Fall am 23. Juni im Vorrundenspiel (1:1) mit der Schweiz gegen Deutschland an seinem neuen Arbeitsplatz in Frankfurt vorgespielt. Seinen Auslandswechsel zur Eintracht – als Ablösesumme für ihn musste Frankfurt einen Grundbetrag von rund zehn Millionen Euro an Bern entrichten – stuft Amenda als gelungenen Schachzug ein. Frankfurt sei „genau der richtige Schritt für mich“, findet er. „Es wird auf junge Spieler gesetzt, auch mit mir hat man einen klaren Plan.“ Toppmöller verspricht sich von ihm im Vollbesitz der Kräfte defensive „Stabilität“ und „Sicherheit bei Standardsituationen“. Auch wenn Amenda, der vom ehemaligen Frankfurter Djibril Sow darin bestärkt wurde, sich der Eintracht anzuschließen, kein „absoluter Sprinter“ sei, bekomme Amenda aufgrund seiner Körperlänge oft die „langen Haxen“ in die Zweikämpfe. Lieblingsspieler Sergio Ramos Zudem hebt der Trainer dessen Spielintelligenz („er hat einen guten Spielaufbau“) und Antizipationsfähigkeit hervor. Wie der kopfballstarke Verteidiger auch mit dem Ball am Fuß trotz seines Gardemaßes geschickt umgehen könne. „Ich bin ein sehr guter Verteidiger und liebe es, mein Tor zu verteidigen“, sagt Amenda, der rechter und linker Innenverteidiger spielen kann. In seiner fünfmonatigen Rekrutenschulung in der Vorsaison beim Militär machte er „physisch sehr gute Fortschritte“. Nur dessen Konkurrenz in Frankfurt ist groß. Robin Koch und Willian Pacho – sofern der Ecuadorianer bei der Eintracht bleibt – sind bei Toppmöller in der Innenverteidigung gesetzt. Amendas Lieblingsspieler als Junge war der heute 38 Jahre alte Spanier Sergio Ramos. „Er ist ein Leader und Kämpfer. Er spielt defensiv aggressiv und offensiv sehr stark“, sagt der Schweizer. Heute schätzt Amenda auch den Liverpooler Virgil van Dijk sehr. Im Basketball bewunderte er die im Januar 2020 bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommene NBA-Legende Kobe Bryant. „Er ist meine Inspiration: Jeden Tag mit dem Willen aufstehen, besser als gestern zu werden. Diese Einstellung“, sagt Amenda, „gefällt mir.“ Verbessert hätte sich Amenda auf jeden Fall, wenn er sich in Frankfurt über einen Torerfolg freuen könnte. Es wäre nämlich sein erster Treffer als Fußballprofi. „Offensiv muss ich mich noch verbessern“, urteilt er über sich. „Es ist mein Ziel, Tore für die Eintracht zu schießen.“