Abfahrt in Kitzbühel :
Rot-weiß-roter Erfolg – mit Ahornblatt

Von Achim Dreis, Kitzbühel
Lesezeit: 3 Min.
Auf dem Sprung zum Sieg: James Crawford dominiert die „Streif“
Zwei Kanadier düpieren die erfolgsverwöhnten Schweizer bei der alpinen Weltcup-Abfahrt in Kitzbühel. Für die Österreicher bleiben die Rollen der besten Nebendarsteller. Und es gibt gute Nachrichten.
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Ein rot-weiß-rotes Siegerpodest am höchsten österreichischen Ski-Feiertag – dem letzten Januar-Samstag mit dem Abfahrtslauf in Kitzbühel – das sollte so ganz nach dem Geschmack der Gastgeber sein. Und dann dominierten auch Rot und Weiß das Rennen auf der „Streif“ – doch die Farben bei den Siegerflaggen waren aus Sicht der Gastgeber falsch verteilt.

Längsgestreift mit Ahornblatt dominierte das Podest, nicht quergestreift in rot-weiß-rot: Dem Kanadier James Crawford gelang ausgerechnet auf der schwersten Abfahrt der Saison in 1:53,64 Minuten sein erster Weltcupsieg, sein Teamkollege Cameron Alexander belegte Rang drei (+0,22 Sekunden). Und dazwischen wehte das weiße Kreuz auf rotem Grund – der Schweizer Alexis Monney (+0,08) platzierte sich auf Rang zwei.

Und die Österreicher? Zweimal kam Hoffnung auf bei Kaiserwetter für die Gastgeber. Zunächst raste Stefan Babinsky die 3312 Meter lange Piste in einer Glanzzeit von 1:54,25 Minuten herab. Er distanzierte den vor ihm gestarteten Schweizer Stefan Rogentin – am Vortag immerhin Dritter im Super-G – um fast zwei Sekunden. Erste rote Rauchschwaden waberten durch den Zielraum – „Sweat Caroline“ hatte ihre erste Einspielung – doch die vermeintliche Fabelzeit hielt nicht lange. Schon Monney mit Startnummer vier beendete die Party – am Ende landete Babinsky auf Rang acht (+0,61).

Später ließ dann Daniel Hemetsberger aufhorchen, der Österreicher mit Startnummer 16 war mit Bestzeiten unterwegs, erreichte das Ziel als Zwischendritter. Abermals Rauchschwaden. „Das Stadion soll singen, wenn ein Österreicher gut unterwegs ist“, lautete die Ansage. Und sie sangen: „Hey Baby“, den Gassenhauer von DJ Ötzi, sogar live dirigiert vom Original-Schlagersänger – der „zufällig“ in der ersten Reihe der VIP-Tribüne saß und sich diesen Auftritt nicht nehmen ließ.

Vor den Augen von Ibrahimović

Das Hahnenkammrennen in Kitzbühel ist stets mehr als nur ein Skirennen. Es ist auch ein Stelldichein der Prominenz, wobei sich viel Halb- und Viertelprominenz einfindet, um die Champagner- und Weißwurstpartys aufzufüllen. Das Wiedersehen mit den „üblichen Verdächtigen“ auf der Ehrentribüne – angeführt wie immer von Arnold Schwarzenegger, der pflichtschuldig „I‘ll be back“ in die Kamera raunt – gehört ebenso zum Ritual wie das Schaulaufen der Reichen und Schönen – wobei diese nicht zwingend zur gleichen Gruppe gehören.

Rot-weiß-rot in Österreich: Kanadier und Schweizer feiern in Kitzbühel
Rot-weiß-rot in Österreich: Kanadier und Schweizer feiern in KitzbühelAFP

Für gewisse Heiterkeit sorgte heuer der schwedische Fußball-Star Zlatan Ibrahimović, der in der DJ-Ötzi-Reihe saß und das Rennen mit mehr als professionellem Interesse verfolgte. „Ich wünschte, ich wäre ein Skiläufer“, sagte er voller Begeisterung über die gezeigten Leistungen. Ob er denn Skifahren könne? „Das ist das Problem“. Große Heiterkeit im Stadion. Ibrahimović versprach, den einzigen Schweden im Tableau anzufeuern. Es half – Felix Monsen kam mit Startnummer 49 und belegte immerhin Rang 22 (+1,45).

Knapp vor ihm landete der beste Deutsche: Romed Baumann (+1,38) belegte den 18. Platz. Für Baumann war es bereits sein 50. Weltcup-Rennen, das er in Kitzbühel bestritt. Der gebürtige Österreicher, durch Hochzeit Deutscher geworden, hatte 2006 als Slalom-Fahrer begonnen, später auf die Speeddisziplinen umgesattelt und 2012 als Zweiter sein bestes Resultat erzielt – damals wehte rot-weiß-rot zu seinen Ehren bei der Siegerehrung – hinter dem Schweizer Didier Cuche übrigens, der die Streif-Abfahrt insgesamt fünfmal gewann.

Diesmal verdarb der Mann mit der Startnummer 20 einen österreichischen Teilerfolg. James Crawford, immerhin Weltmeister im Super-G, distanzierte den bis dahin am Platz an der Sonne sitzenden Schweizer Monney um 0,08 Sekunden – umgerechnet 2,33 Meter – und schob Hemetsberger auf Rang vier. Österreichs Hoffnung fehlten 0,21 Sekunden (etwa 6,12 Meter) auf einen Platz am Siegerpodest.

Für „Team Canada“ bedeutete Crawfords Sieg den ersten Hahnenkamm-Erfolg seit 1983. Damals hatte Todd Brooker als letzter Vertreter der einst berühmten „Crazy Canucks“ auf der „Streif“ gewonnen. Vielleicht hat Crawford ja nun gemeinsam mit Alexander eine neue Epoche eingeläutet. Für die erfolgsgewöhnten Schweizer gab es dagegen in der fünften Abfahrt der Saison den ersten Dämpfer – wenn auch auf sehr hohem Niveau, denn zuvor waren ihnen vier Doppelerfolge gelungen.

Die gute Nachricht kommt zum Schluss: Von den 55 Startern erreichten an diesem Samstag bei besten blau-weiß-gelben Bedingungen – strahlendem Sonnenschein vor makellosem Himmel auf perfekt präparierter Piste – immerhin 50 Läufer das Ziel. Und von den Ausgeschiedenen verletzte sich keiner. Wohl der größte Erfolg an diesem Tag nach all den Hiobsbotschaften der letzten Tage und Wochen – unabhängig von den Farben der Nation.

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