So isst Politik : Bei Schnittchen zum AfD-Hintergrundgespräch

Die AfD hat die „Lügenpresse“ zum Presseabend geladen. Dabei: Das ganze Partykellerprogramm. Und diesmal auch garantiert nicht vegan.
Es ist Freitag Abend in Riesa, Sachsen, kleine Schneeflocken taumeln vom schwarzen Himmel. Die AfD hat zum Presseempfang geladen. Am nächsten Morgen beginnt hier ihr Parteitag. Die Politiker könnten jetzt auch mit einem Bier an der Hotelbar sitzen, an Redetexten feilen oder mit ihren Kindern telefonieren. Stattdessen treffen sie Journalisten.
Darunter sind viele, die die AfD der „Lügenpresse“ zurechnet, von großen Zeitungen, Nachrichtenmagazinen und öffentlich-rechtlichen Sendern. AfD-Anhänger wären womöglich erstaunt, wenn sie wüssten, dass die bei ihrer Partei zu Gast sind, nicht nur auf dem Parteitag selbst, sondern auch zum Hintergrundgespräch bei Schnittchen.
Zitieren dürfen die Journalisten nicht
AfD-Gegner wiederum könnte überraschen, dass Alice Weidel diesen Journalisten Auskunft gibt, etwa zu der Frage, warum genau sie Elon Musk danach gefragt habe, was der auf dem Mars wolle. Was die Journalisten aus den Antworten schließen, bleibt ihnen überlassen. Zitieren dürfen sie sie nicht, das halten auch andere Parteien bei solchen Gesprächen so.
Der große Saal der Stadthalle „Stern“ leuchtet in gemütlichem Licht. Auf einem meterlangen Tisch steht das kalte Buffet. Belegte Brötchen (Räucherlachs mit Saure-Gurken-Garnitur, Salami, Schnittkäse), Schmalzbrote mit Saure-Gurken-Garnitur, Fleischbällchen, Kartoffelsalat, Hühnchen-Ananas-Spieße, Tomate-Mozzarella-Spieße, das volle Partykellerprogramm. Scherzthema unter führenden AfD-Leuten: die Kost auf dem vorigen Parteitag im Sommer in Essen. Da habe es neben normaler Currywurst auch deren vegane Variante gegeben. Mutmaßlich ein Anschlag der Cateringfirma auf die Identität der AfD.

Die Prominenz der anwesenden Politiker lässt sich daran ablesen, wie groß die Traube von Journalisten ist, die sich um sie scharen. Aktueller Stand: Sehr, sehr viele stehen in mehreren Ringen um Weidel, deutlich weniger um Chrupalla. Wie so oft lohnt sich das Gespräch mit den scheinbar Unwichtigen. Sie beobachten Dinge, die sonst keiner sieht, und haben weniger Anlass, sie für sich zu behalten. Journalisten reden mit AfD-Leuten, aber auch untereinander. Manche bekommen seit Jahren Drohungen von Anhängern der Partei. Sie achten darauf, dass niemand erfährt, in welchem Hotel sie sind, oder buchen gleich eins in Leipzig oder Dresden. Lieber eine lange Fahrt zum Parteitag als nachts Besuch.
An der Bar unterhält sich ein AfD-Mann mit einer Kellnerin. Sie berichtet, an der Schule ihres Sohnes herrschten schlimme Zustände. Der Mann verspricht ihr: „Das kriegen wir hin.“ Sie schaut zweifelnd, er nimmt noch einen Schluck von seinem Bier. Dann sagt er: „2029 bekommen wir hier 51 Prozent.“