So isst Politik :
Rahmspinat für alle

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Schön: Und Ihre Kantine so?

Wo Politik ist, wird auch gegessen. Unsere Autorin probiert alles durch. Diesmal in der brandenburgischen Landtagskantine.

Viele Leute unterschätzen Brandenburg. Ist ja auch leicht. Brandenburg ist die Salzkartoffel unter den Bundesländern, schlicht und einfach, während andere knusprig wie Bratkartoffeln, Kroketten, Pommes daherkommen. Aber sei’s drum, zum Trost hat Brandenburg die schönste Landtagskantine der Welt, und zu ihrer Schönheit trägt entscheidend bei, dass jeder dort essen kann. Auch Bürger von Brandenburg, Touristen aus Japan oder der Ministerpräsident von Bayern (aber der ist eigentlich immer mit unendlich Wichtigerem befasst).

Die Kantine befindet sich im vierten Obergeschoss, es speisen dort die Abgeordneten ebenso wie die Angestell­ten der Verwaltung – und alle anderen, an diesem Mittwoch zum Beispiel eine alte Frau in Jogginghose, auf ihren Rollator gestützt, und zwei Mütter mit ihren Söhnchen, die Rahmspinat löffeln.

Dieser Text stammt aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
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Der Traum jedes Demokratietheoretikers: Volk und Volksvertreter am selben Tisch. Doch der Zustand der Demokratie in Deutschland gibt Anlass zur Frage, ob das gutgehen kann. Zieht da nicht ein Corona-Leugner einem Grünen-Abgeordneten mit dem Tablett eins über, sticht vielleicht ein Irrer mit stumpfem Besteck einen AfD-Mann in den Arm? Dergleichen geschehe mitnichten, heißt es aus der Landtagsverwaltung. Anscheinend diszipliniert der Ort seine Besucher, oder es kommen sowieso nur Hungrige, und die wollen essen, nicht kämpfen.

Wurst: Die Käsehälften sind schon weg.
Wurst: Die Käsehälften sind schon weg.Friederike Haupt

Zum Frieden trägt wohl auch bei, dass die Fraktionen ihre Stammtische haben – das hat sich so eingespielt, es gibt keine Sitzordnung, keine Regeln, aber Gewohnheiten. Besucher setzen sich einfach irgendwo hin. Am besten auf die Terrasse, denn die ist zwar wie auch der Innenraum äußerst zweckmäßig, ja bescheiden eingerichtet, doch der Ausblick ist so prächtig, dass fast überall auf der Welt Geld dafür verlangt würde. Hier dagegen spart man noch: Die riesige Portion Spinat mit vier Maultaschen, die Panna Cotta mit Waldfruchttopping und die Rhabarberschorle kosten zusammen 9,95 Euro. Das zahlt man inzwischen beim Bahnhofs­bäcker für ein mit unreifen Tomaten aufgeblähtes Wurstbrötchen und einen glutheißen Cappuccino.

Der Blick schweift also über die Dächer Potsdams, hier die mächtige Nikolaikirche, da der schlanke Turm der gerade wieder eröffneten Garnisonkirche, Museen, blitzendes Gold vor Wölkchen vor Blau, noch ein Eis, dann ist die Mittagspause vorbei. Bald leider auch der Sommer.

Dann ist Herbst, da wählt Brandenburg den Landtag neu. Der Wahlkampf hat schon begonnen. An diesem Morgen zum Beispiel saß ein Stockwerk tiefer noch der Spitzenkandidat der CDU mit Journalisten zusammen, Hintergrund­gespräch, Filterkaffee, Brötchenhälften auf Tortenspitze. Dieser Landtag passt zu seinem Land.

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