Heidegger und die Lyrik :
An die unsichtbare Geliebte

Von Günter Seubold
Lesezeit: 6 Min.
An seiner Stelle sei ihr die Schrift: Martin Heidegger sandte dieses Blatt an Eleonore Otte.
Als Einlage in dem Exemplar von Martin Heideggers „Vorträgen und Aufsätzen“ im Nachlass der Kölner Realschullehrerin Eleonore Otte hat sich ein von Heidegger abgeschriebenes Gedicht von Gabriela Mistral gefunden.
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Dass der Eros in Heideggers Leben und Schaffen eine maßgebliche Rolle gespielt hat, tritt nach und nach ins Bewusstsein auch derer, die in ihm bislang nur einen biederen alemannischen Provinzler sehen wollten. Spätestens mit der Veröffentlichung der Briefe an seine Frau Elfriede im Jahr 2005 („Mein liebes Seelchen“) wurde das publik. Hier erfuhr man durch die Briefe und die Herausgeberin auch von vielen Amouren Heideggers; von Amouren, die seine Frau schließlich in eine schwere Depression trieben. Andererseits hatte seine Frau während der Ehe ein Kind mit einem anderen Mann gezeugt, das Heidegger annahm. Ihm, nicht dem leiblichen Kind, vertraute er die Verwaltung seines Nachlasses an. Das veranlasste einige Interpreten, Heideggers Ehe als eine „offene“ zu charakterisieren. Diesem Adjektiv hätte Heidegger wohl nicht zugestimmt, er suchte seine Liebesbeziehungen vielmehr mit einem „notwendig für die Denk-Arbeit“ zu legitimieren und erklärte seiner Frau Elfriede mit Parmenides die Geburt neuer Erkenntnisse aus dem Geist der Erotik.

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