Halbleitersequenzierung : Der Espressoautomat der Genomforscher

Die „Personal Genome Machine“ sequenziert ein Genom in Rekordzeit. Das Gerät beruht auf der Halbleitertechnik und wird jetzt in „Nature“ beschrieben. Auch bei der Bestimmung des Ehec-Keims tat es schon gute Dienste.
Die Sequenzierung des menschlichen Genoms ist noch zu teuer für den routinemäßigen Einsatz in der klinischen Diagnostik. Als vertretbarer Preis gelten tausend Dollar pro Erbgut. Damit dieser Preis realisiert werden kann, müssen schnellere und kostengünstigere Sequenzierautomaten entwickelt werden. Eine technische Neuerung ist die Halbleitersequenzierung mit der „Personal Genome Machine“ des Unternehmens Ion Torrent aus Guilford in Connecticut, das zur Life Technology Corporation gehört.
Bei dem Verfahren werden chemische Signale aus der Sequenzierreaktion von einem hochempfindlichen Halbleiter detektiert und in digitale Signale umgewandelt. Die verwendeten Chips ähneln denen in einer Digitalkamera. Deshalb erwartet Jonathan Rothberg von Ion Torrent auch, dass die Leistungsfähigkeit der „Personal Genome Machine“ an die weitere Entwicklung der Halbleitertechnologie anknüpfen wird.
Nach einer von Gordon Moore formulierten Gesetzmäßigkeit verdoppelt sich diese Leistungsfähigkeit alle zwei Jahre bei sinkenden Kosten. Bisher entschlüsseln die Sequenzierautomaten die Nukleotidsequenz mit optischen Methoden wie der Fluoreszenz oder der Chemolumineszenz.
Bei der Halbleitersequenzierung werden die winzigen Reaktionskammern auf dem Chip mit einer einzelsträngigen DNA beladen. Jedes Mal, wenn die DNA-Polymerase bei der Synthese des Komplementärstrangs ein Nukleotid in die wachsende DNA-Kette einbaut, wird ein Proton frei. Dadurch sinkt der pH-Wert in der Reaktionskammer.
Diese Änderung erzeugt in der unterhalb der Kammer gelegenen Spezialschicht einen Spannungsimpuls, der vom Halbleiter detektiert und an den Rechner weitergegeben wird. Jeder Chip hat 1,2 Millionen Reaktionskammern, in denen gleichzeitig sequenziert wird. Wie Rothberg und seine Kollegen in der Zeitschrift „Nature“ berichten, können damit in zwei Stunden ungefähr 25 Millionen Basen eines Erbguts gelesen werden. (doi:10.1038/nature10242).
Leistungsfähigere Chips mit elf Millionen Reaktionskammern sind in Vorbereitung. Das erste Genom, das mit dieser neuen Methode entschlüsselt wurde, ist das des Halbleiter-Pioniers Gordon Moore. Für diese Sequenzierung wurden tausend Chips benötigt. Ein Chip kostet derzeit 99 Dollar, allerdings schlagen auch die Kosten für die Vorbereitung der DNA zu Buche.
Der Preis für das Gerät liegt bei knapp 50 000 Dollar. Die gängigen Geräte für das massenhafte Sequenzieren kosten das Zehnfache. Mit der Halbleitersequenzierung wurde im Frühjahr auch das Erbgut des Ehec-Erregers bestimmt. Wie Dag Harmsen und seine Kollegen von der Universität Münster in „PLoS One“ schreiben, konnten sie damit den für den Ausbruch verantwortlichen Stamm innerhalb von 62 Stunden vollständig sequenzieren.