Leitzins :
Arme Länder hoffen auf mehr Spielraum

Gastbeitrag
Von
Wolfgang Krieger
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Hoffnung auf niedrigen US-Leitzins: Geldwechsler in der größten Stadt Nigerias, Lagos

Die Zinssenkung der US-Notenbank hat weitreichende Folgen – auch auf Entwicklungs- und Schwellenländer. Denn sie bedienen sich im Dollar-Markt.

Im September leitete die US-Notenbank (Federal Reserve, Fed) auf ihrer Sitzung eine lang erwartete Lockerung der Geldpolitik ein, indem sie die Leitzinsen um 50 Basispunkte senkte. Weitere Zinssenkungen in ähnlicher Größenordnung werden noch in diesem Jahr erwartet. Analysten gehen davon aus, dass der Lockerungszyklus bis 2025 fortgesetzt werden könnte.

Viele Entwicklungs- und Schwellenländer in Lateinamerika, Afrika und Asien kämpfen immer noch mit den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie. Sie reichen von einer hohen Schuldenlast über teure Finanzierungskosten bis hin zu schwachen Währungen. Deswegen eröffnen die aktuellen geldpolitischen Lockerungen der USA auch neue Spielräume.

Die Zinssenkung der Fed bietet die Gelegenheit, die eigenen Zinsen zu senken, ohne befürchten zu müssen, dass dadurch Kapitalabflüsse oder Währungsabwertungen ausgelöst werden. Die Inflationsraten sind in den meisten Volkswirtschaften rückläufig, was auf stabilisierte Rohstoffpreise und die verzögerten Effekte der zuvor strafferen Geldpolitik zurückzuführen ist. Viele Zentralbanken, zum Beispiel in Brasilien, Mexiko, Indien oder Südafrika, haben im Zuge einer rückläufigen Inflation ihre Zinserhöhungen bereits gestoppt oder sogar begonnen, ihre Leitzinsen wieder zu senken.

Emissionen von Anleihen gewinnen an Fahrt

In etlichen Entwicklungs- und Schwellenländern gewinnt die Emission von Anleihen in US-Dollar und Euro wieder an Fahrt. In den vergangenen Jahren war diese aufgrund der globalen Zinsanstiege stark zurückgegangen. Niedrigere Zinssätze bieten den Staaten nun bessere Konditionen zur Kapitalaufnahme und damit finanziellen Spielraum, um bestehende Schulden zu refinanzieren und dringend benötigtes Kapital für Investitionen in Infrastruktur, Gesundheit und Bildung zu gewinnen.

Die Bedeutung dieser Entwicklung darf nicht unterschätzt werden: In einer Phase, in der viele dieser Länder mit strukturellen Herausforderungen wie hohen Importkosten und schwachen Währungen kämpfen, kann der verbesserte Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten helfen, die wirtschaftliche Stabilität und somit auch die globale Konjunktur zu festigen.

Dollar-Schulden bleiben ein Risiko

Trotz positiver Effekte der Zinssenkungen bleiben auch Risiken. Insbesondere Währungsschwankungen stellen eine große Herausforderung dar. Viele Entwicklungs- und Schwellenländer bedienen ihre Schulden in US-Dollar. Sollte ihre lokale Währung weiter an Wert gegenüber dem US-Dollar verlieren, könnte die Last dieser Dollar-Schulden zunehmen und die finanzielle Stabilität dieser Länder gefährden. Dies könnte zu Zahlungsausfällen führen, die nicht nur die betroffenen Länder, sondern auch globale Märkte beeinträchtigen könnten.

Die Zentralbanken stehen also vor einer doppelten Aufgabe: Sie müssen die Chancen der günstigeren Finanzierung nutzen und gleichzeitig ihre Währungen stabilisieren. Ein Balanceakt, der angesichts der unsicheren globalen Marktlage und der weiterhin dominierenden Rolle des US-Dollars eine umsichtige Geldpolitik erfordert.

Frisches Kapital und Finanzierungsoptionen

Die Zinssenkungen verbessern zwar die Finanzierungsbedingungen für Entwicklungs- und Schwellenländer deutlich, insbesondere durch bessere Refinanzierungsmöglichkeiten und einfacheren Zugang zu Kapital. Dennoch bleiben Risiken wie Währungsschwankungen, Verschuldung und Abhängigkeiten von externen Rahmenbedingungen bestehen. Eine ausgewogene Kapitalaufnahme und Währungsstabilität sind deshalb entscheidend, um nachhaltige Erfolge zu gewährleisten.

Wolfgang Krieger
Wolfgang Krieger ist Volkswirt der DEG – Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft, die Investitionen privater Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern finanziert. Sie ist eine Tochtergesellschaft der KfW Bankengruppe.
Bild: Privat
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