Reckwitz’ Gesellschaftstheorie :
Soll man beim Nennwert nehmen, was die Leute über sich sagen?

Lesezeit: 7 Min.
Andreas Reckwitz bei einer Podiumsdiskussion der Phil.COLOGNE
In seinem neuen Buch erörtert Andreas Reckwitz zusammen mit Hartmut Rosa, was Soziologie heute ausmacht. Dahinter stellt sich die Frage, was der Erfolg seiner Theorien über unsere Gesellschaft verrät.
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Für die Beliebtheit des Soziologen Andreas Reckwitz in der Kulturwelt gibt es eine naheliegende Begründung: Immerhin erklärt er ja den Bedeutungszuwachs ebendieser Welt zu einem Kennzeichen des ganzen Zeitalters. Im Unterschied zur bisherigen Moderne, schrieb Reckwitz 2017 in seinem Buch „Die Gesellschaft der Singularitäten“, zeichne die jetzige „Spätmoderne“ eine umfassende „Kulturalisierung“ aus, worunter er eine massenhaft gewordene Orientierung an möglichst besonderen Werten, Waren, Orten und Erlebnissen (etwas sperrig „Singularitäten“ genannt) verstand. Da er diesen Trend zudem an einer speziellen Schicht festmachte, den Selbstverwirklichungsmilieus einer „Neuen Mittelklasse“, und diese der ins Hintertreffen geratenden, sich an herkömmlichen Gemeinschaftskulturen ausrichtenden „Alten Mittelklasse“ gegenüberstellte, wurde seine Diagnose oft auch als Erklärungsmuster für den Rechtspopulismus bemüht. Weniger gut funktionierte das Unterscheidungskriterium dann im Fall der querdenkenden Verschwörungstheoretiker, an denen die neue Mittelklasse mindestens so viel Anteil hat wie die alte.

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