Ruhrtriennale : Das Mädchen mit der Macke
Zur Zeit der Pubertätsvermiesungsgemälde von Edvard Munch, zur Zeit der Sexualitätsverteufelungsdramen von August Strindberg, in denen Erotik nur als Fluch, als triebfundiertes Abhängigkeitsverhältnis und Mittel der Unterjochung wie der Manipulation beschrieben wurde, stellten die beiden Norweger Arne Garborg und Edvard Grieg das Erwachen weiblichen Begehrens völlig anders dar: heiter, umstandslos, glückerfüllt. „O komm und bind mich mit Weidenruten, o komm und bind, bis die Hände bluten! O komm und press mich so fest an dich, dass Mond und Sonne vergeht für mich!“, singt das noch nicht achtzehnjährige Hirtenmädchen Veslemøy in dem Lied „Elsk“ (Liebe). Im Lied „Møte“ (Stelldichein) ist von „heißem Kuss“ und vom Einschlafen nach „sel’gem Rausch“ die Rede. Explodierende Septnonenakkorde im Klavier lassen sehr explizit hören, was Veslemøy und der Nachbarsjunge Jon auf der Almhütte miteinander tun und erleben. Es ist schön, sagt diese Musik, es ist richtig, es ist gut – ein ungewöhnliches Plädoyer für body positivity.