Bibliotheken : Sammeln für die Interessen von morgen

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft gibt die Sondersammelgebiete auf. Das klingt speziell, meint aber den folgenreichen Übergang von der universalen Bibliothek zur kurzfristigen Wissenssammlung.
Zwei Bibliotheksgebäude tragen in Deutschland den Titel „Nationalbibliothek“: die ehemalige Deutsche Bücherei in Leipzig und die einstige Deutsche Bibliothek in Frankfurt am Main. 2006 wurden sie unter dem neuen Titel zusammengeschlossen. Den Anspruch einer weltweit sammelnden Nationalbibliothek, vergleichbar mit der Bibliothèque nationale de France in Paris, erfüllen beide jedoch nicht. Diese Funktion übernahm in Deutschland seit sechzig Jahren ein Netzwerk von Staats- und Universitätsbibliotheken, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) beim Aufbau von „Sondersammelgebieten“ unterstützt wurden. Man erwarb arbeitsteilig nach verschiedenen disziplinären und regionalen Gesichtspunkten weltweit Literatur. Eine Bibliothek war für Germanistik verantwortlich, eine zweite für Nordamerika, eine dritte für Soziologie. Jedes wissenschaftliche Buch, das irgendwo auf der Welt erschien, war in mindestens einem Exemplar in Deutschland vorhanden und konnte durch Fernleihe oder elektronische Dokumentlieferung an jede noch so kleine Universitätsbibliothek in wenigen Tagen oder Stunden geliefert werden.