Kolumne Geschmackssache : Die wahre Münchner Freiheit

Das „Alois“ ist eine bayerische Feinschmeckerinstitution. Jetzt stellt dort die junge Chefköchin Rosina Ostler alles auf den Kopf – und sorgt damit für schönsten Schwindel.
Unsere Reise ins Ungewisse beginnt mit einem badehandtuchgroßen Tablett voller Behältnisse und Gerätschaften, das der Kellner feierlich neben unseren Tisch stellt. Dann wird er zum Alchimisten, vermischt Skir, den skandinavischen Joghurt, mit einem Pulver aus Dill, Ingwer und Akaziensamen, einem Sud aus fermentiertem Kaffeesatz, einem Öl aus geröstetem Kaffee und einem Granité aus Kaffee und Karotte, füllt das Ganze in ein winziges Porzellanschälchen kaum größer als ein Fingerhut, überreicht es uns mit einem erwartungsvollen Lächeln – und schon haben wir die erste Lektion des Abends gelernt: Hier ist kein Aufwand zu aberwitzig, um ans Aromenziel zu kommen, kein Detail zu unwichtig, um nicht im Geschmacksbild seinen legitimen Platz zu finden, jeder Tabu- und Traditionsbruch willkommen, um ein Hochamt der Unorthodoxie feiern zu können. Dass wir uns in den nächsten vier Stunden im „Alois“ nicht langweilen werden, wissen wir nach diesem Auftakt übrigens auch schon, obwohl wir keine Ahnung haben, mit welcher Gewissheit unsere Reise enden wird.