Fotografin Angelika Platen :
Die Kunst der Verführung

Von Freddy Langer
Lesezeit: 2 Min.
Sigmar Polke und Angelika Platen 1971 in Düsseldorf.
Im Laufe eines halben Jahrhunderts hat Angelika Platen mit ihren Porträts ein „Who is Who“ der Kunstszene geschaffen. An diesem Samstag wird sie achtzig Jahre alt.

Künstler sind anders. Immer eigenwillig. Mal extrovertiert. Mal introvertiert. Im Idealfall umgeben von einer Au­ra. Und der Begriff Genie ist in ih­rem Zusammenhang schneller zur Hand als anderswo. Auch Künstlerporträts sind deshalb anders. Ihr Ziel ist nicht die Ähnlichkeit zwischen Ab­bildung und Konterfei, vielmehr versuchen sie, Geheimnisse zu ergründen – ins Wesen des Künstlers wie seiner Werke vorzudringen.

Womöglich war das Ende der Sechzigerjahre, Anfang der Siebzigerjahre leichter als zu jeder anderen Zeit, weil Künstler sich weniger als Schöngeister denn als Rebellen verstanden und mit Arbeiten provozierten, die einen Kilometer tief in der Erde verschwanden oder Honig durch Treppenhäuser pumpten. Damals begann Angelika Platen zu fotografieren, und man wird ihr nicht Unrecht tun, wenn man ihr unterstellt, dass sie sich in jenen Tagen neben ihrem Handwerk auch auf die Kunst der Verführung verstand. So legte sich Walter de Maria für sie auf die Landebahn eines Flughafens und kalibrierte mit den Händen eine kilometerlange Markierung. Sigmar Polke sprang, wie von allen guten Geistern beflügelt, mit Anlauf in die Luft. Selbst Hanne Darboven entlockte sie vor einer ihrer spröden Zeichnungen den Anflug eines Lächelns. So gelang es ihr, dem analytischen Zugriff der Künstler auf die Welt ein Moment von Sinnlichkeit entgegenzusetzen.

Für Wochenzeitungen und Magazine war Angelika Platen auf allen Kunstmessen und großen Ausstellungen un­terwegs und dokumentierte den Mo­ment eines Aufbruchs, von dem niemand hatte voraussehen können, welch bedeutende Rolle er spielen würde. Die wenigsten, die sie porträtierte, waren prominent oder gar Stars. Heute hingegen sind die meisten von ihnen, wie man schnell begreift, wenn man durch ihre opulenten Bildbände blättert, so be­kannt, dass man ihre Aberhunderte von Porträts als „Who is Who“ der Kunstszene bezeichnen darf.

Mitte der Siebziger wandte sie sich anderem zu, nennt ihr Leben als Ga­leristin Kapitel drei und verliert keine Worte über Kapitel vier, ihre Zeit in Paris. Im fünften Teil, etwa seit 2000, besann sich Angelika Platen von Berlin aus wieder auf Künstlerporträts, arbeitet jetzt mit ernsthafter Strenge und legte kürzlich eine wunderbare Bildersammlung von 120 Künstlerinnen unserer Tage vor. An diesem Samstag wird sie achtzig – Zeit, Kapitel sechs zu beginnen.

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