Entdeckung in Dresdner Gemälde : Vermeers Briefleserin war nicht allein

Vermeer, neu entdeckt: Nach dreihundert Jahren legt die Dresdner Gemäldegalerie in der „Briefleserin am offenen Fenster“ einen nackten Cupido frei.
Fast jeder kennt Gerhard Richters „Lesende“ von 1994 vor viel moderner Leere auf der roten Wand im Hintergrund. Was genau die junge Frau mit dem kurzen blonden Zopf liest, bleibt vage verschwommen; dass sie aber mit Hingabe studiert, was da als Papier in ihren Händen ebenso hell wie ihre Schulterpartie überblendet wird, während ein sommerwarmes Licht ihre Wangen rötet, fühlt auch jeder Betrachter vor dem Bild. Dem gebürtigen Dresdner Richter ist die innig in ihre Lektüre Versunkene wohl auch deshalb so perfekt gelungen, weil er von Kindesbeinen an mit einer anderen Leserin vertraut war, die seit 1742 in der Königlichen, heute Staatlichen Kunstsammlung Dresdens in der Galerie Alte Meister hängt: Das „Brieflesende Mädchen am offenen Fenster“ des niederländischen Malers Johannes Vermeer van Delft, wohl im Jahr 1658 entstanden.