Mark Twains Nachlass :
Wie man sich selbst interviewt

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Ich spreche lieber aus dem Grab als mit lebendiger Zunge: Passend zur geplanten Veröffentlichung von Mark Twains Autobiographie versteigert Sotheby's in New York das Manuskript von „A Family Sketch“.

„Ich spreche buchstäblich aus dem Grabe, denn wenn dieses Buch erscheint, werde ich tot sein“ - so beginnt Mark Twains Autobiographie, und wer nach diesem wuchtigen Satz einen wohlerwogenen Plan, einen klaren Aufbau und einen kohärenten Stil erwartet, wird enttäuscht werden. Denn als sich Twain im Alter entschloss, das eigene Leben zum Gegenstand eines Buches zu machen, hatte er keine rechte Vorstellung davon, welche Form das Ganze annehmen sollte.

Also probierte er aus: Er schrieb eifrig Tagebuch und ließ es wieder sein, er ging von Erinnerungskeimen aus, assoziierte fleißig und verlor den Faden wieder. Daneben häufte er Berge von Notizen, Zeitungsartikeln über ihn oder Rezensionen an, die er in das Buch integrieren wollte, weil derlei doch sicher für spätere Leser interessant, aber dann schwer zu beschaffen sei. Schließlich ließ er sich auf ein Verfahren ein, das ihm der Schriftsteller Albert Bigelow Paine vorgeschlagen hatte: Paine fragte, Twain antwortete, und eine Stenotypistin hielt das Ergebnis fest.

In diesem Zusammenhang muss man auch ein „A Family Sketch“ betiteltes Manuskript sehen. Es umfasst 65 Seiten und richtet sich an Twains Lieblingstochter Susy (1872 bis 1896). Am 17. Juni kommt es in New York bei Sotheby's zur Versteigerung und ist auf 120.000 bis 160.000 Dollar geschätzt. Nach Angaben des Auktionshauses ist der Text bislang unpubliziert, was in der komplizierten Editionsgeschichte des Konvoluts kein Wunder ist: Es sind nämlich zwei Fassungen des Textes erschienen, die jeweils das Manuskript stark gekürzt und ganz neu arrangiert in die Welt beförderten, so dass ein erheblicher Anteil noch immer auf seine Drucklegung wartet.

Die Gründe für die Kürzungen waren teils dieselben, die Twain angegeben hatte, als er einzig eine postume Edition erlaubt hatte - „Ich spreche lieber aus dem Grab als mit lebendiger Zunge, so kann ich eher offen sprechen“ -, teils aber ging es den Editoren um vermeintliche Weitschweifigkeiten oder Abseitiges, das man dem Leser nicht zumuten wolle.

In diesem Jahr aber, ein volles Jahrhundert seit Twains Beerdigung, ist der erste Band einer endlich vollständigen Edition der Autobiographie angekündigt. Mag sein, dass sich „A Family Sketch“ darin finden wird. Andere Lose der Versteigerung sind etwa ein Brief von Twain an R. L. Stevenson, in dem er dem „Schatzinsel“-Autor seine Reverenz erweist, oder ein Brief an den Herausgeber des „Century Magazine“, in dem Twain anbietet, ein humoristisches Interview mit sich selbst zu führen. Am berührendsten aber ist ein Foto, das Twains Frau Olivia mit dem ersten Kind des Paares zeigt: Der kleine Langdon sollte 1872 mit knapp zwei Jahren sterben.

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