Moderne und Gegenwartskunst in München : Halb Mensch, halb Pferd
Einen eigenen Katalog widmet Neumeister den Africana aus der Sammlung Bareiss - unser Vorbericht für die Auktionen mit moderner Kunst.
Als prallvoller Auktionstag beginnt bei Neumeister in München der 13. November mit Gebrauchssilber des Dänen Georg Jensen in einer ersten, mit Jugendstil-Dingen gefüllten Design-Partie. Michael Powolnys „Jahreszeiten-Putti“ in ungewöhnlicher, aber kleidsamer Schwarzweißausführung stehen hier, auf 65.000 Euro taxiert, an vorderster Stelle; imposant auch Louis Majorelles Speisezimmer „Ombelles“, das in fünf Losen zum Aufruf kommt.
Drei Künstlerteppiche von Rupprecht Geiger (Taxen von 1800 Euro an) liegen am Übergang zu modernem Design, das auch im ersten von drei Sonderkatalogen vorherrscht. Wie sämtliche Publikationen seit Katrin Stolls Übernahme des Hauses Neumeister fällt er durch seine frische Gestaltung auf. Inhalt ist eine „Chair Affair“, sprich Stuhlauktion, die Sitzwünsche erfüllen kann; sei es mit einem englischen Barbiersessel, Klavierstühlen von Thonet, einer Sitzbank der Belgischen Staatsbahn von van de Velde, dem Barcelona-Sessel von Mies van der Rohe oder chinesischen Holzstühlen, mit denen Ai Weiwei die Documenta XII möblierte.
Max Beckmanns Aquarell „Erschreckte Frau“ von 1945 setzt mit Hanna-Bekker-vom-Rath-Provenienz und einer Bewertung von 60.000 bis 70.000 Euro eine Pointe im Angebot der Klassischen Moderne. Vorn Mensch, hinten Pferd sind die mythischen Gestalten auf Franz von Stucks Bildpaar „Orpheus“ und „Resonanz“, das vor allem mit breiten Holzrahmen besticht, die Stuck mit vergoldeten Masken und Kränzen dekorierte (je 20.000 bis 25.000 Euro).
Vielleicht zehn Jahre zählte das brave, dunkeläugige „Mädchen am Tisch“, als Carl Hofer es 1939 neben einem großen Blumenstrauß malte (200.000/220.000); im Jahr zuvor reizte ihn die verführerisch samtige Haut reifer Pfirsiche für ein Stillleben, das bei rund 50000 Euro liegt. Direkt in Jean-Michel Basquiats Atelier kaufte der Vorbesitzer eine großformatige Papierarbeit, die der jung verstorbene Warhol-Jünger 1987 collagierte, zeichnete und beschriftete (500.000/600.000). Kleben taten auch Gilbert & George, als sie 1981 die sogenannte Postkarten-Skulptur „Skeleton Posy“ aus Gerippe- und Rosenmotiven schufen (um 20.000).
Weitere Hauptlose liefern der zeitgenössischen Abteilung Baselitz' Aquarell eines summarisch erfassten Adlers (20.000/ 30.000) sowie das „Mauerbild IV (Nasenfigur)“ von Horst Antes, der hier 1966 seinen Kopffüßler variiert (100.000/120.000). Elf Werke von Günther Fruhtrunk aus einer französischen Privatsammlung füllen einen weiteren Sonderkatalog (von 12.000 bis 60.000). „Kilengi. Afrikanische Kunst aus der Sammlung Walter Bareiss“ hieß eine Ausstellung der Kestner Gesellschaft in Hannover, die von 1997 bis 2000 auf Tournee war. Fast neunzig Stücke daraus bestreiten nun die Abendauktion in einer weiteren Tranche.