Bücher bei Bassenge : Brecht am Pult
Ein nobles Geschenk, das der italienische Bühnenbildner Alessandro Sanquirico einer Gönnerin der Mailänder Scala, der Herzogin von Savoyen, Mitte des 19. Jahrhunderts machte, soll in der Auktion mit Büchern und Autographen bei Bassenge in Berlin vom 15. bis zum 17. Oktober 45.000 Euro einspielen: Gut vierzig handkolorierte Aquatintatafeln geben Dekorationen für Opern von Mozart, Rossini, Donizetti, Meyerbeer und Spontini wieder, die in der Scala aufgeführt wurden. Nicht selten griffen die Kulissen Motive aus Giovanni Battista Piranesis Radierfolge monströser „Carceri“ auf. Piranesis römische Veduten sind in einem kostbar ausgestatteten Exemplar der ersten Ausgabe für ebenfalls 45.000 Euro abrufbar. Bei den Naturwissenschaften begegnet eine 1855 erschienene Monographie „aller bis jetzt bekannten Papageien“, verfasst vom Vater des weit populärer gewordenen Alfred Brehm (Taxe 6000 Euro). Ein gewisser „Stanislas“ hielt auf neun Gouachen das attraktivste Federvieh Australiens fest (13.000). Dem Nachlass von Papst PiusXII. entstammt ein Paar goldener, rotseiden ausgekleideter Schuhe mit dem Wappen der Familie Pacelli (6000).
Dem hundertsten Jahrestag des Bauhauses huldigt das in der Holzbildhauerwerkstatt von Josef Hartwig gefertigte Schachspiel (9000). Für 12.000 Euro abrufbar ist ein noch vor seiner Berufung als „Meister der Formlehre“ verfasster Brief Lyonel Feiningers, in dem der Maler „Furchtsamkeit und Argwohn“ nach dem Ende des Ersten Weltkriegs konstatiert. In einem Handschreiben Friedrichs des Großen an Voltaire geht es um Probleme der Poesie (12.000). Außerdem warten die „Eclogen“ des Vergil aus der Cranach-Presse und Else Lasker-Schülers Anthologie „Theben“ (Taxe je 12.000 Euro) auf geneigte Bieter. Theaterwissenschaftlern empfiehlt sich das für 800 Euro angebotene Soufflierbuch zur Inszenierung des Schauspiels „Herr Puntila und sein Knecht Matti“ im Berliner Ensemble, einer denkwürdigen Aufführung, die Bertolt Brecht in der Rolle des Regisseurs für gravierende Textkorrekturen nutzte. Joseph Roth besprach um 1930 Annette Kolbs „Kleine Fanfare“ (6000) und sah in der engagierten Schriftstellerin den „einzigen weiblichen Ritter“ in der maskulin dominierten Literaturszene.