Erik Andersch gestorben :
Pädagoge im Fluxus

Von Georg Imdahl
Lesezeit: 2 Min.
Mit professioneller Anarchie: Erik Andersch
Mit archivalischer Akribie brachte er Licht ins Netzwerk der Freigeister: Zum Tod des Sammlers Erik Andersch.
Merken

Dem Fluxus-Geist hatte sich Erik Andersch gleich in den frühen sechziger Jahren verschrieben, als dieser von New York nach Düsseldorf hinübergeweht war, seine begrenzten Budgets legte der 1940 im Stadtteil Oberkassel geborene Hauptschullehrer in Objekten und Multiples, in Grafiken, Plakaten und Künstlerbüchern an. Diesen Sammler drängte es nicht ins Rampenlicht, wohl aber zu den Freigeistern, deren Kunst er bewunderte, nachdem er in der Düsseldorfer Altstadt 1968 Dorothy Iannone und Daniel Spoerri kennengelernt und sich mit ihnen angefreundet hatte. Im grenzfreien Gebiet von Musik, Poesie, Happening interessierte er sich für alles, was von John Cage über Yoko Ono und Nam June Paik bis zu Dieter Roth an neuen Ideen ventiliert wurde.

Damals übernahm Andersch auch die Leitung eines Düsseldorfer Wohnheims für ausländische Studenten, die anderswo nur schwer eine Bleibe fanden, und öffnete sie Künstlergästen wie George Brecht und Robert Filliou; die machten davon ausgiebig Gebrauch und wirkten durchaus folgenreich im Rheinland. Bei allem anarchischen Geist, den Andersch mit den von ihm favorisierten Künstlerinnen und Künstlern teilte, handelte er stets professionell – nämlich akribisch auf lückenlose Konvolute und Korrespondenzen bedacht, was einer Kollektion besonders zum Vorteil gereichte, die die zeitgenössischen Bezüge unter den Künstlern in Postkarten, Flugblättern, Autographen, Schallplatten und Rezensionen exemplarisch aufzeigen sollte.

So baute Andersch, Neffe zweiten Grades des Schriftstellers Alfred Andersch, mit den Jahren einen bedeutenden Fluxus-Fundus auf, den er 2018, eher ungern und nach einigem Zögern, an das niederrheinische Museum Abteiberg in Mönchengladbach veräußerte, wo diese Kunst seit ihren Anfängen schon immer geschätzt war. Neben der Silverman-Collection im New Yorker Museum of Modern Art und dem Archiv Sohm in der Staatsgalerie Stuttgart gilt die Sammlung Andersch als einer der zentralen Werkkomplexe dieser Strömung. Es müssen nicht immer ikonische Meisterwerke von hohem ökonomischen Gegenwert sein, die den Rang einer Sammlung begründen; auch archivalische Akribie kann beträchtlichen Mehrwert befördern. Wie erst jetzt bekanntwird, ist Erik Andersch bereits Anfang Februar im Alter von achtzig Jahren gestorben - auf der Insel Gomera, wo er stets die Wintermonate zu verbringen pflegte.

  翻译: