FAZ+Bildungsforscher im Interview :
Beim Lehrermangel wird immer noch falsch gerechnet

Lesezeit: 7 Min.
Viele Landesregierungen retten sich mit provisorischen Lösungen, um den Lehrermangel zu bekämpfen.
Die Kultusminister haben den Lehrermangel verschuldet. Jetzt werden sie mit ihm nicht fertig, ihre Notmaßnahmen werden weitgehend verpuffen. Ein Gespräch mit Bildungsforscher Klaus Klemm, der früh vor der aktuellen Lücke warnte.
Merken
Herr Klemm, Sie haben als Erster auf die Gefahren eines kommenden Lehrermangels hingewiesen. Wie beurteilen Sie die Empfehlungen der Expertenkommission der Kultusministerkonferenz (KMK) „zum Umgang mit dem akuten Lehrkräftemangel“?

In dem Empfehlungspapier der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission (SWK) vermisse ich eine einführende Passage, von der leider klar ist, dass eine KMK-Kommission sie nicht schreiben würde, aber ich bin mal polemisch und sage, sie hätte folgendermaßen lauten müssen: „Es hat in der Schulpolitik ein Versagen großen Ausmaßes gegeben, das jetzt dazu führt, Lehrkräften, Eltern und Schülern die folgenden schmerzvollen Notmaßnahmen aufzubürden.“ Worin bestand dieses Versagen? Die Kulturminister haben in den Jahren 2016/2017, als sich spätestens abzeichnete, dass erheblich gestiegene Schülerzahlen auf sie zukommen, nicht mit einer Anpassung der Lehrerbedarfszahlen reagiert. Das Problem haben sie trotz Warnungen aus der Wissenschaft erst mit einer Verzögerung von drei Jahren erkannt, doch da war es schon zu spät. Hätte man die Ausbildungszahlen bei den Grundschulen schon 2016 hochgefahren, hätten wir vom Jahr 2021 an bereits über mehr Hochschulabsolventen verfügen können, spätestens im Jahr 2024 wären diese in den Grundschulen angekommen. Stattdessen musste man im Jahr 2017/18 für einen Studienplatz „Grundschule“ noch einen Abiturschnitt von 1,7 vorlegen.

Zugang zu allen FAZ+ Beiträgen
12,80 € jetzt nur 0,99 €

Jetzt Zugang 12,80 € für nur 0,99 € abonnieren?

  • Mit einem Klick online kündbar
  翻译: