Ärger beim „Domradio“ : Will der Kardinal durchregieren?
Der Programmbeirat des Kölner Domradios sieht die Unabhängigkeit des kircheneigenen Senders bedroht. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtet, hat der Programmbeirat diese Sorge in einem Brief an die Landesanstalt für Medien NRW ausgedrückt. Der Beiratsvorsitzende Jürgen Wilhelm sagte, er habe das Schreiben auch an NRW-Medienminister Nathanael Liminski (CDU) geschickt.
Das Domradio ist für seine vielfältige und kritische Berichterstattung über Kirchenthemen bekannt. Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen hatte sich nicht gescheut, den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki zu kritisieren, etwa im Kontext mit dessen Widerstand gegen den katholischen Reformprozess Synodaler Weg. Kürzlich wurde mitgeteilt, dass Brüggenjürgen vorzeitig in Ruhestand gehe. Neuer Chefredakteur werde der Redakteur Renardo Schlegelmilch. Kritiker befürchten, dieser Schritt diene ebenso wie eine angekündigte Umstrukturierung dazu, das Domradio auf Woelkis Linie zu bringen.
Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ zitiert zu den Hintergründen von Brüggenjürgens Ablösung aus Wilhelms Brief: „Dem Vernehmen nach“ habe sich Brüggenjürgen zuletzt „über die Einmischung in redaktionelle Inhalte durch den neuen zweiten Geschäftsführer nachhaltig in seiner Unabhängigkeit beeinträchtigt gesehen“. Es sei zu befürchten, dass bei Journalisten des Domradios eine „Schere im Kopf“ entstehe, also Selbstzensur um sich greife, um nicht unangenehm aufzufallen, so der Programmbeirat.
Das Erzbistum Köln wies die Vorwürfe zurück. Das Domradio sei „eine starke katholische und soziale Stimme in der deutschen Medienlandschaft“ und werde „für einen dynamischen Wachstumskurs aufgestellt“. Mit der neuen Geschäftsführung setze man Standards „in puncto Governance und Compliance“ um. „Das anerkannte journalistische Profil“ bleibe erhalten und solle ausgebaut werden. „Eine inhaltliche Neuausrichtung“ sei nicht beabsichtigt. Der neue Chefredakteur Schlegelmilch sei seit 15 Jahren für das Domradio tätig und habe zuletzt als Sprecher der Redakteursversammlung die Interessen seiner Kollegen vertreten.
Die Landesanstalt für Medien NRW (LfM) teilte mit, sie wolle die geplante Umstrukturierung des „Domradios“ medienrechtlich prüfen. Eine formale Anzeige des Senders zu etwaigen Veränderungen der Gesellschafterstruktur liege aber „bislang noch nicht vor“, man habe die Verantwortlichen um eine entsprechende Anzeige gebeten.