Architekt David Chipperfield : Das Altern der Moderne
Vor allem nachts sieht man schon von weitem, dass sich etwas geändert hat. Wenn man sich am Berliner Landwehrkanal auf das Kulturforum zubewegt, leuchtet die Neue Nationalgalerie so klar und neu, als sei sie gerade eben und nicht vor über einem halben Jahrhundert errichtet worden: Die großen, spiegelfreien Scheiben wirken, als seien sie gar nicht da. Das Licht, das aus dem Bau in die Nacht fällt, strahlt heller als bisher. Die Renovierung des von 1965 bis 1968 errichteten Museumsbaus war eine der aufwendigsten dieser Art, das Ergebnis war mit Spannung und auch Sorge erwartet worden: Kann man ein Bauwerk, dessen gleichzeitig monumentale und filigrane Wirkung an kleinen Details, an Materialien und Proportionen hängt, auf aktuelle Sicherheits- und Energiestandards bringen, ohne dass es plötzlich dickbeinig und klobig wie seine mit Dreifachverglasungen und Wärmedämmungen eingemummten kleineren Vettern dasteht?