Meine Meinung (2) : Durs Grünbein
Brief an seinen Lektor
Berlin, 22/11/2006
Lieber Wolfgang Kaußen,
es gibt Momente, da wird mir diese ganze Medienkultur zu einem einzigen Rätsel. So auch in der jüngsten Kampagne, unser Verlagshaus betreffend. Wie da ein höchst eindeutiger Putschversuch (das Guerillaunternehmen einer 4köpfigen Alt- und Jung-Herren-Clique, ein gewisses Gebäude in der Frankfurter Lindenstraße zu stürmen) zur Unternehmenskrise umgedeutet wird, ist ein Muster für Tatsachenverdrehung, wie es lupenreiner kaum sein könnte. Also, nicht der Angreifer ist das Problem, sondern der Angegriffene; nicht der schlechte Stil dieser ungehobelten Einbrecher, sondern die Hilferufe der Bedrohten, das Tremolo der Getretenen. Im Zweifelsfalle für den Schurken, lautet das Motto auf der ewigen Zuschauertribüne. Wie finden Sie das?