Van Gogh-Auktion im Internet : Seltener Gast in deutschen Auktionen
In Berlin wird eine Zeichnung von Vincent van Gogh versteigert – mit lupenreiner Provenienzkette. Ein Online-Auktionshaus bietet das Bild an.
Bedeutende Werke Vincent van Goghs, die nicht schon lange vorher über private Händler angeboten worden waren, sind bei den großen Auktionen der vergangenen Jahre bis auf wenige Ausnahmen Mangelware gewesen. Auch in diesem Herbst kommen bei Christie’s nur die frühe Zeichnung einer Bauersfrau und die zuletzt 2003 versteigerte Zeichnung des berühmten „Gelben Hauses in Arles“ zum Aufruf – Letztere immerhin mit einem Schätzpreis von 3,5 Millionen Dollar. Umso erstaunlicher scheint es, dass nun das Berliner Internetauktionshaus „Auctionata“ für den 29. November die Online-Auktion einer Zeichnung von Van Gogh ankündigt. Es handelt sich um das erste nichtgraphische Werk des Niederländers, das seit einer frühen „Bauernkate“ 2002 (bei Nagel in Stuttgart) in Deutschland versteigert wird und das erste, das seit 1935 in Berlin zur Auktion kommt.
Anders als beim angeblichen Kokoschka-Blumenstillleben, mit dem das Unternehmen vor zehn Monaten Schlagzeilen machen wollte (F.A.Z. vom 15.Dezember 2012), gibt es diesmal auch keine Zweifel an der Eigenhändigkeit. Das Blatt „Die Ebene von La Crau“ entstand 1888 bei Arles, genau wie das kürzlich der Öffentlichkeit präsentierte, bislang unbekannte Van-Gogh-Gemälde „Sonnenuntergang bei Montmajour“ (F.A.Z. vom 9.September). Van Gogh stand auf dem Höhepunkt seines Schaffens, Arbeiten aus jener Zeit sind bei Sammlern besonders begehrt. Die signierte Bleistift- und Rohrfederzeichnung hat eine lückenlose Provenienz. Im November 1907 verkaufte sie Van Goghs Schwägerin Johanna an den Berliner Galeristen Paul Cassirer. Über die Sammlungen des Insel-Verlags-Gründers Alfred Walter Heymel und seiner Cousine Clara Heye in Bremen fand das Blatt zum Zürcher Kunsthändler Fritz Nathan, der es 1955 bei Kornfeld in Bern versteigern ließ. Dort erwarb es Richard Feigen für den Filmproduzenten Harold Hecht in Santa Barbara. Sein Sohn Duffy ist nun der Verkäufer. Er halte Online-Auktionen für die Zukunft des Kunsthandels, begründet Duffy Hecht in einem von Auctionata produzierten Kurzfilm, warum er die Zeichnung nicht an Sotheby’s oder Christie’s gegeben hat – wo schon der Schätzpreis deutlich über den 360.000 Euro gelegen hätte, die Auctionata nennt. Ob das Auktionshaus Hecht für den PR-Scoop ein Preis garantiert oder die Verkäuferprovision erlassen hat, will man in Berlin nicht kommentieren.