Klaus Biesenbach :
Niedergebrüllt im eigenen Haus

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Bedrängt: Klaus Biesenbach, Direktor der Neuen Nationalgalerie, steht nach einer pro-palästinensischen Demonstration auf der Ausstellungseröffnung  „Nan Goldin. This Will Not End Well“ auf der Bühne.
Als Direktor der Neuen Nationalgalerie verantwortet er die Ausstellung der US-Fotografin Nan Goldin. Der Eklat um ihre antiisraelische Brandrede wird nun Klaus Biesenbach angelastet. Wer ist der Mann, der Goldin nach Berlin geholt hat?
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Das hatte sich der Nationalgalerie-Direktor Klaus Biesenbach sicher anders erhofft, auch wenn bereits der Titel der vergangenen Freitag von ihm eröffneten Retrospektive für die US-Fotografin Nan Goldin wie ein böses Omen klingt: „This will not end well“, „Das wird nicht gut enden“. Noch nie wurde ein Leiter dieses ranghöchsten deutschen Museums bei einer Ausstellungseröffnung niedergeschrien, noch dazu von einer ins Haus geholten Aktivistenschar der eingeladenen Goldin, die eine von ihren Fans bejubelte antiisraelische Brandrede auch gegen die deutsche Regierung hielt.

Claudia Roth, Hermann Parzinger und Joe Chialo haben die Rede Gol­dins inzwischen aufs Schärfste verurteilt. Schon fordert „Die Welt“ nach diesem Eklat seinen Kopf („Warum Biesenbach zurücktreten sollte“), und Josef Schuster als Präsident des Zentralrats der Juden kommentierte mit dem Satz „Wer BDS einlädt, bekommt BDS“. Doch so einfach ist es eben nicht. Die Ausstellung war lange vor dem 7. Oktober 2023 geplant (vor dem Goldin sich ausschließlich als Aktivistin in der US-Opioidkrise betätigte, nicht aber als Propalästinenserin).

Die Retrospektive kurzfristig abzusagen hätte Biesenbach definitiv den Schwarzen Peter des Cancelns eingebracht, zumal die Schau eine Übernahme aus dem Amsterdamer Stedelijk Museum und dem Moderna Museet Stockholm ist, wo sie zuvor ohne jeden Zwischenfall ablief.

Bilderbuchlaufbahn als Kurator

Doch wer ist Klaus Biesenbach? Der achtundfünfzigjährige ausgebildete Mediziner hat als Kurator und Museumsdirektor eine Bilderbuchlaufbahn in der Kunstwelt absolviert, obwohl das dem im überschaubaren Kürten im rheinisch-bergischen Kreis Geborenen nicht in die Wiege gelegt war. Von 1991 bis 2004 war er Gründungsdirektor der Kunst-Werke in der Berliner Auguststraße, deren bis heute legendär-verklärter Ruf seiner Ägide in der Kunstwelt zu einem nicht geringen Maße der Aufbruchstimmung und Sogwirkung Berlins in den Neunzigern zu verdanken ist. Von 2004 bis 2018 arbeitete er am New Yorker Museum of Modern Art, bald als dessen Chief Curator at Large, was noch monumentaler als „Chefkurator“ klingt.

Zwei Jahre war er zusätzlich Leiter des MoMA P.S.1, des zeitgenössischen Ablegers dieser Kaderschmiede der Moderne. Es folgte als Karriere-Sprungbrett die Direktorenschaft des renommierten Museum of Contemporary Art in Los Angeles, bevor Biesenbach seit dem 1. Januar 2022 die Neue Nationalgalerie als Direktor führt. Die bislang bedeutendste persönlich verantwortete Schau des offen schwul Lebenden dort handelte diesen Sommer vom bildgewordenen Begehren Warhols. Den Eklat der Nationalgalerie wird der diplomatische Biesenbach gewiss überleben.

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