Heftiger Regen in Cannes : Wurde die Stadt nicht vor dem Unwetter gewarnt?

Straßen als reißende Flüsse: Nach einem verheerenden Unwetter beschwert sich der Bürgermeister von Cannes über unzureichende Unwetterwarnungen – die Wetterbehörden widersprechen.
Straßen, die sich in Flüsse verwandeln, Autos, Mülltonnen und Motorroller, die wie Treibholz davongeschwemmt werden – heftige Regenfälle haben am Montagmorgen Cannes heimgesucht und für Überschwemmungen gesorgt. Die Verwaltung der Mittelmeerstadt sperrte zeitweise einige Straßen für den Verkehr und forderte die Bewohner per SMS zu Wachsamkeit und Vorsicht auf. Mehrere Menschen mussten aus ihren Autos evakuiert und einige Schulen geschlossen werden. Auf der angrenzenden Autobahn 8 kam es zu längeren Staus. Auch das benachbarte Antibes war von Überschwemmungen betroffen, allerdings in geringerem Maße. Am Vormittag beruhigte sich die Lage.
Auch wenn keine Verletzten zu beklagen waren, machte der Bürgermeister von Cannes, David Lisnard, den staatlichen Behörden Vorwürfe über unzureichende Unwetterwarnungen. „Eine Stunde nach dem Gewitter“ habe man eine Warnung erhalten, sagte der konservative Politiker dem Fernsehsender BFM-TV. Man habe sich in den Morgenstunden mit einer Situation und Wasserständen von bis zu 80 Zentimetern auseinandersetzen müssen, womit niemand gerechnet habe. Das sei „nicht normal“, monierte Lisnard und verlangte Erklärungen.
Météo France widersprach. Sehr wohl habe man für Montagmorgen im Departement Alpes-Maritimes die gelbe Warnstufe für Gewitter, Regen und Überschwemmungen aktiviert, betonte die staatliche Wetterbehörde gegenüber dem Fernsehsender TF1info. Man habe darauf hingewiesen, „dass im Departement Wetterphänomene im Gange sind, die gelegentlich und lokal intensiv/gefährlich sein können“. Die Bevölkerung sei aufgefordert worden, sich über die Entwicklung der Lage zu informieren.
Die Stadt am Mittelmeer mit den rund 73.000 Einwohnern wurde nicht zum ersten Mal von Überschwemmungen heimgesucht. Im Oktober 2015 kosteten Unwetter fünf Menschen in der Stadt und 15 weiteren in umliegenden Gemeinden des Departements Alpes-Maritimes das Leben. Bürgermeister Lisnard verwies am Montag auf die Urbanisierung von Cannes mit ihrer Architektur aus dem 19. Jahrhundert sowie die spezifische Geographie, wodurch Wasser aus dem Umland in die Stadt ströme.
Darauf verwies am Montag auch der französische Agrarklimatologe Serge Zaka. „Die Bilder, die uns heute Morgen erreichen, befinden sich in einem identifizierten, bekannten, aber dennoch betonierten Überschwemmungsgebiet“, schrieb er auf der Plattform X. Die Wettermodelle hätten diesen Sturm „perfekt vorhergesagt“. Das Problem sei nicht die Vorhersage, „sondern die Überurbanisierung der Stadt Cannes“: „Wir müssen uns die richtigen Fragen stellen.“