Geiselnahme in JVA : Eine rätselhafte Waffe

Ein Tag nach der Geiselnahme durch den Attentäter von Halle gibt es noch viele offene Fragen. Ob er tatsächlich eine selbstgebaute Waffe hatte, bleibt unklar.
Der Attentäter von Halle, Stephan Balliet, hat bei seiner Geiselnahme in der Justizvollzugsanstalt Burg am Montagabend mit einem Gegenstand gedroht, den er zuvor aus zusammengerolltem Papier, Aufklebern von Lebensmittelverpackungen, Bleistiftteilen sowie einem knickbaren Metallteil gebastelt hatte. Das berichteten Behördenvertreter im Magdeburger Landtag am Mittwochabend in einer Sondersitzung des Rechtsausschusses.
Unklar ist laut den Ermittlern weiter, ob es sich um eine reine Attrappe handelte oder ob das Tatmittel Knallgeräusche erzeugen oder gar einen Schuss abgeben konnte. In einer internen Polizeimeldung kurz nach der Tat war von einem „waffenähnlichen Gegenstand“ und einem „Schuss“ Balliets auf eine Umzäunung die Rede. Die beiden JVA-Bediensteten, die der Rechtsextremist als Geiseln nahm, fürchteten jedenfalls um ihr Leben.
Der 30 Jahre alte Balliet hatte zunächst den Wärter als Geisel genommen, der ihn in seine Zelle einschließen sollte. Der Rechtsextremist zwang den Wärter dazu, ihm Türen in Richtung Ausgang zu öffnen. Später tauschte Balliet die erste Geisel gegen einen anderen Wärter. Dieser konnte dann eine Unaufmerksamkeit Balliets nutzen, um sich ruckartig zu befreien. Dies ermöglichte einen Zugriff anderer JVA-Bediensteter, die Balliet im Abstand von einigen Metern gefolgt waren. Die Leiterin der Justizvollzugsanstalt Burg, Ulrike Hagemann, lobte im Landtag das Verhalten der JVA-Bediensteten, die ein solches Szenario zuvor trainiert hatten. Balliet führte bei der Geiselnahme auch eine Bastelschere, ein Messer sowie einen Dosenöffner mit sich, die hernach bei einer Durchsuchung gefunden wurden.
Balliet verbüßt in dem modernen Gefängnis in der Nähe von Magdeburg eine lebenslange Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung, weil er am 9. Oktober 2019 zwei Personen mit einer selbstgebauten Schusswaffe ermordete. Der Rechtsextremist wollte eigentlich ein Massaker in der Hallenser Synagoge anrichten, schaffte es aber nicht ins Gebäude. Darauf wählte er eine Passantin und einen Gast in einem Döner-Imbiss als Opfer.
Die Ermittlungen zur Geiselnahme übernahm am Mittwoch die sachsen-anhaltische Generalstaatsanwaltschaft.