Wärmewende :
Erdgas ohne Zukunft

Oliver Bock
Ein Kommentar von Oliver Bock
Lesezeit: 2 Min.
Ob in 20 Jahren alle Wiesbadener zum Beispiel mit Fernwärme heizen, ist fraglich. (Symboldbild)
Das von der Kooperation im Rathaus vereinbarte Ziel, Wiesbaden solle bis 2035 eine klimaneutrale Großstadt sein, ist nicht zu halten. Selbst das Jahr 2045 dürfte eine Herausforderung sein.
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Ob die fast 1000 Kilometer Wiesbadener Erdgasleitungen in gut 20 Jahren tatsächlich auf dem Müll landen, weil nahezu alle Bürger mit Ökostrom, grünem Wasserstoff oder Fernwärme heizen, darf bezweifelt werden. Das von der Kooperation im Rathaus vereinbarte Ziel, Wiesbaden solle bis 2035 eine klimaneutrale Großstadt sein, ist ohnehin nicht zu halten. Es mag als Ansporn dienen, doch die Experten fokussieren sich auf das vom Bund vorgegebene Jahr 2045. Selbst dieses Datum wird kaum zu halten sein, wenn es beim bisherigen Tempo bleibt. Der Ausbau der Fernwärme müsste in einem Tempo forciert werden, das kaum vorstellbar scheint.

Wer schon die Baustellen für die Citybahn in Wiesbaden fürchtete, dem muss bei der notwendigen Verlegung von jährlich etlichen Kilometern neuer Fernwärmeleitungen angst und bange werden. Bei ihren eigenen Immobilien kann die Stadt zwar mit gutem Beispiel vorangehen, wenn es um mehr Klimaschutz durch einen geringeren Ausstoß von Treibhausgasen geht. Doch die FDP hat recht, wenn sie leise Zweifel anmeldet, ob sich die Stadt angesichts ihrer sich verdüsternden Haushaltslage alles wird leisten können, was wünschenswert ist.

Mit Millionenbeträgen eine energetische Sanierung der 13.000 Wohnungen durchzusetzen, die im städtischen Besitz sind, wird kaum möglich sein. Es war im Umweltausschuss bezeichnend, dass diese Forderung des Klimaschutzbeirates kein Politiker aufgriff. Entscheidend ist es, private Immobilienbesitzer zu überzeugen, Geld für die Sanierung der eigenen vier Wände in die Hand zu nehmen.

Viele Senioren, die im abbezahlten Häuschen mit geringer Rente sitzen, werden sich das kaum leisten können. Ohne finanziellen „Klima-Wumms“ des Bundes werden die kommunalen Ziele bestimmt verfehlt. Gar nicht zu reden von der Frage, ob es genügend Fachkräfte geben wird, um eine politisch verordnete und hoch subventionierte Sanierungsoffensive zu verwirklichen.

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