FAZ+Lehren aus der Corona-Pandemie :
„Todkranke zu isolieren war falsch“

Lesezeit: 6 Min.
Den Arztkittel hat der frühere Chefarzt des Sana Klinikums in Offenbach abgelegt, seit April 2024 ist Stephan Sahm im Ruhestand.
Fünf Jahre nach dem Ausbruch von Corona in Deutschland: Welche Lehren hat der Arzt und Medizinethiker Stephan Sahm aus der Pandemie gezogen? Ein Interview.
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Herr Dr. Sahm, wie erinnern Sie sich an die Zeit der Corona-Pandemie?

Als sehr belastend. Die Isolierung von Patienten, die Schutzkleidung, die wir jeden Tag anlegen mussten, die vielen Regeln, das war eine Mehrbelastung für alle, die im Krankenhaus gearbeitet haben.

Gab es auch helle Momente?

Die Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen im Krankenhaus gehört sicher dazu. Wie sich Kollegen zu einer großen Einheit zusammengefunden haben und dass wir das ohne größere Konflikte hinbekommen haben, weil das Allgemeinwohl im Vordergrund stand.

Und was waren dunkle Momente?

Wenn ein Patient an einer Covid-Infek­tion starb, der nach einer Krebserkrankung schon auf dem Weg der Besserung war. Bis April 2024 war ich auch Onkologe am Kettler Krankenhaus in Offenbach und habe viele Krebskranke behandelt.

Dann mussten Sie sich auch mit dem Tod von Patienten auseinandersetzen?

Dem Krankenhaus ist auch ein Hospiz angegliedert. Sterbende zu begleiten war uns dort vertraut, aber die Abschottung gerade dieser Patienten während der Co­rona-Pandemie war schwer zu ertragen. Anfangs galt ein strenges Besuchsverbot. Das hielt ich für falsch.

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