Münchner Sieg in Freiburg : Wenn die Bayern Blaumann statt Lederhose anziehen
Aus Schaden klug zu werden, auch das gehört zum neuen Reifeprozess des FC Bayern München. Drei Tage, nachdem sie in der Champions League trotz einer Vielzahl eigener Torgelegenheiten 0:3 gegen Feyenoord Rotterdam verloren, besann sich der deutsche Rekordmeister im Brot-und-Butter-Geschäft Fußball-Bundesliga auf die einfachen Dinge.
Der 2:1-Sieg am Samstagnachmittag beim SC Freiburg hatte nichts Spektakuläres und schon gar nichts Denkwürdiges an sich, basierte aber, und das ist nicht unwichtig für den Entwicklungsprozess dieser verheißungsvollen Mannschaft, auf den Grundtugenden dieses Sports: seriöse Arbeit, kollektiver Zusammenhalt und Kaltschnäuzigkeit im Abschluss.
Der Tageslohn, drei weitere Punkte auf dem Weg zur angestrebten 34. deutschen Meisterschaft, wurde auch noch versüßt durch das 2:2 des Tabellenzweiten und Titelverteidigers Bayer 04 Leverkusen bei RB Leipzig. Den Vorsprung von nun sechs Punkten auf den ersten Verfolger haben die Bayern in Freiburg freudig registriert. Darauf lässt sich aufbauen – aber nur, wenn die Mannschaft weiter so seriös arbeitet wie an diesem Wochenende in Freiburg.
„Mit der richtigen Mentalität“
Robust und zielstrebig nutzten die Bayern zwei der wenigen Gelegenheiten in einem Duell, das mit einem Fußballfeiertag nichts zu tun hatte. Der 2:1-Erfolg des Bundesliga-Ersten durch einen kernigen Schuss von Harry Kane (15. Minute) und einen ins Tor gewuchteten Kopfball von Kim Min-jae (54.) war ein kollektiver Kraftakt; auch weil es durch das Gegentor, das Matthias Ginter mit der Schulter erzielte (68.), am Ende durchaus eng wurde.
Nach dem fahrlässigen Abend von Rotterdam schienen die Münchener Fußballkünstler diesen Sieg und ihr wiederentdecktes Arbeiterethos regelrecht zu feiern. Wohl auch, weil diese Einstellung entscheidend werden könnte in den kommenden, zunehmend wichtigen Wochen.
„Wir sind mit der richtigen Mentalität gekommen“, lobte Trainer Vincent Kompany, ein Ruhepol im aufgeregten Bayern-Kosmos, seine Mannschaft. „Es war zwar nicht das schönste Spiel, aber der Erfolg gehörte zu den schönsten Siegen.“ Der FC Bayern genoss den schweißtreibenden Samstagnachmittag, weil er sich als professionelle Einheit präsentierte, für die nur der Sieg, nicht das Drumherum zählt.
Sinnbildlich dafür war die Art und Weise, wie Harry Kane, der seit dem 22. November beim 3:0 in Augsburg nicht mehr aus dem Spiel getroffen hatte, den Ball nach der Vorlage von Eric Dier, seinem englischen Landsmann und jahrelangen Wegbegleiter bei Tottenham Hotspur, mit Wucht, Entschlossenheit und satten 121 Kilometer pro Stunde ins Tor drosch.
Es war die erste englisch-englische Torkooperation in 62 Jahren Fußball-Bundesliga. Was Kompany fast noch besser gefiel an diesem Auftritt seines Spitzenstürmers: „Ich kann fünf oder sechs Szenen herausholen, wo er tief mitverteidigt. Harry spielt auch von seinem Charakter her eine wichtige Rolle.“
Die Selbstlosigkeit des besten Torschützen der Liga (17 Treffer) passte zum Münchner Auftritt in Freiburg gegen eine heimstarke Mannschaft, die erst nach Ginters Anschlusstreffer den Vorwärtsgang einlegte. „Wir haben sicher schon bessere Spiele gemacht“, beurteilte der diesmal als Rechts- und Linksverteidiger gebrauchte Joshua Kimmich den Abschluss der Münchner Reisewoche nach Rotterdam und Freiburg – „aber das war genau das, was es brauchte.“
Solche, in der Fußballersprache gern „dreckige Siege“ genannten Erfolge schweißen manchmal stärker zusammen als die leicht wirkenden, glanzvollen Siege. Dass der zuletzt starke defensive Mittelfeldspieler Leon Goretzka mit muskulären Problemen ausgewechselt wurde, dass Linksverteidiger Alphonso Davies wegen einer Oberschenkelverletzung ebenso ausfiel wie der angeschlagene Innenverteidiger Dayot Upamecano, und auch dass der gesperrte Rechtsverteidiger Konrad Laimer fehlte, schwächte die Verteidigungskraft der Münchner gegen einen offensiv allerdings ziemlich harmlosen Sport-Club nicht wesentlich. Gemeinschaftswerke leben von der Hilfsbereitschaft untereinander, und auch davon, dass einer für den anderen einspringen kann.
Dass auch der Freiburger Trainer Julian Schuster den Münchnern ein verstecktes Lob zollte, passte deshalb ins Bild an diesem Tag der Arbeit. „Wir haben viele Zweikämpfe bestritten und nicht viel zugelassen“, sagte der Nachfolger des jetzt schon legendären Christian Streich. „Das ist sehr kraftraubend, das fehlt halt für die offensiven Aktionen.“ Die kamen zu spät und waren letztlich nicht durchschlagskräftig genug, um dem Münchner Blaumann-Fußball beizukommen.