Jayden Daniels begeistert :
Der Raketen-Rookie der NFL

Lesezeit: 4 Min.
Mit Ruhe und Präzision: Quarterback Jayden Daniels
Nach turbulenten Jahren siegen die Washington Commanders wieder in den Play-offs der Football-Liga NFL. Das hat insbesondere mit wegweisenden Personalentscheidungen zu tun. Mittendrin: ein junger Quarterback.
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Die Washington Commanders waren am Boden. Tief gefallen. Abgestürzt. Welche Formulierung einem auch einfiele, sie träfe vermutlich zu bei diesem Team aus der National Football League (NFL). Das hatte vor allem mit Teambesitzer Dan Snyder zu tun.

Sexuelle Belästigung einer Mitarbeiterin, ein toxisches Arbeitsumfeld, Misswirtschaft, Finanzbetrug: Die Liste der Vorwürfe gegen den heute 60 Jahre alten Multimilliardär war lang. Hinzu kamen, begünstigt durch personelle Fehlplanungen und Fehlentscheidungen, nahezu chronisch schlechte Leistungen der Mannschaft auf dem Footballfeld.

Drei Figuren im Fokus bei den Washington Commanders

Die Washington Commanders, die nach einer intensiv geführten Kontroverse um den früheren, vor allem von der indigenen Bevölkerung der USA als rassistisch empfunden Teamnamen vor wenigen Jahren eine komplette Neuausrichtung durchlebten und mit neuem Namen und neuer Philosophie in eine erfolgreiche Zukunft starten wollten, kamen nicht voran. Nun steht das Team nach einer furiosen Saison im Play-off-Viertelfinale gegen die Detroit Lions (Sonntag, 2.00 Uhr MEZ / RTL und DAZN). Der Erfolg über die Tampa Bay Buccaneers in der ersten Runde am vergangenen Wochenende war der erste Play-off-Sieg der Franchise seit 26 Jahren. Elf von 17 Spielen gewannen die Commanders in der Regular Season, so viele wie zuletzt 1991. Wie war das möglich?

Den Anfang macht wieder Teambesitzer Dan Snyder. Der verkaufte die Commanders, wohl auch wegen des öffentlichen Drucks im Zuge der Ermittlungen gegen ihn, 2023 an ein Konglomerat um den Unternehmer Josh Harris (geschätztes Vermögen: mehr als zehn Milliarden Euro), dem auch der frühere Basketballstar Earvin „Magic“ Johnson angehört. Der Kaufpreis lag bei knapp sechs Milliarden Euro. Snyder wurde nach einem von der NFL als unabhängig bezeichneten Verfahren, in dem es neben den Vorwürfen sexuellen Fehlverhaltens auch um nicht geleistete Zahlungen des Teams an die Liga ging, zu einer Strafe von 60 Millionen Dollar (etwa 58 Millionen Euro) verurteilt und zog sich anschließend weitestgehend aus der Öffentlichkeit zurück.

Eine neue Identität für das Team: Dan Snyder bei der Präsentation der Washington Commanders 2022
Eine neue Identität für das Team: Dan Snyder bei der Präsentation der Washington Commanders 2022AP

Die neuen Besitzer krempelten die Ärmel hoch und machten sich an die Arbeit. Nach einer Konsolidierungsphase folgten dann, Anfang 2024, zwei wegweisende Personalentscheidungen: Adam Peters, ein früherer NFL-Scout, der drei Super-Bowl-Siege mit seinen vorherigen Arbeitgebern (unter anderem die New England Patriots und Denver Broncos) erlebte, wurde zum neuen General Manager benannt. Und Dan Quinn, Defensivspezialist und als Hammerwerfer Halter einiger Universitätsrekorde, wurde die Rolle des Trainers anvertraut.

Der Grundstein für den Erfolg war damit gelegt. Denn Peters und Quinn trafen ihrerseits eine wichtige Personalentscheidung, die sich für die Commanders als goldrichtig erweisen sollte und die Zukunft der Mannschaft über Jahre prägen könnte: Bei der Draft, der jährlichen Verteilung der besten Footballtalente, entschieden sich die beiden für Quarterback Jayden Daniels. Und Daniels, 24 Jahre alt und vor der Draft als bester Collegespieler des Landes mit der Heisman-Trophy ausgezeichnet, legte vom ersten Tag als Commanders-Profi einen regelrechten Raketenstart hin.

Bewies ein gutes Händchen: Commanders-Cheftrainer Dan Quinn
Bewies ein gutes Händchen: Commanders-Cheftrainer Dan QuinnAP

Mit überraschender und für Rookies in der NFL eher ungewöhnlicher Ruhe und Präzision führte er seine Mannschaft durch die Saison. Selbst erfahrenste Ligabeobachter waren erstaunt über die Abgeklärtheit des Nachwuchsspielers, der immer wieder mit Leistungen auf höchstem Niveau begeisterte und sich auf Anhieb einen Platz unter den Spitzenspielmachern der NFL erarbeitete.

Würde man seine Herzfrequenz während einer Partie messen, sagte Trainer Quinn in dieser Woche über seinen Quarterback, „und diese mit meiner vergleichen, wäre sie nicht dieselbe. Er ist wirklich außergewöhnlich.“ Aus dem Mund Quinns sollte diese Aussage etwas bedeuten: Der Vierundfünfzigjährige hat schon einiges gesehen und erlebt in seiner Trainerkarriere, arbeitete vor seinem Engagement in Washington bei sechs verschiedenen NFL-Teams und gewann als Defensivkoordinator 2013 mit den Seattle Seahawks den Super Bowl. „Er ist mit unglaublichen Fähigkeiten gesegnet“, lobte auch Receiver Terry McLaurin die Qualitäten seines Quarterbacks. „Er zeigt das schon die gesamte Saison über. Er gibt uns die richtigen Kommandos, übernimmt Verantwortung. Ich kann mich glücklich schätzen, mit ihm spielen zu dürfen.“

McLaurin, der seit 2019 beim Footballteam unter Vertrag steht und die Tiefpunkte der vergangenen Jahre miterlebt hat, blühte neben seinem neuen Spielmacher regelrecht auf. Gemeinsam mit routinierten Profis wie Tight End Zach Ertz oder den Verteidigern Bobby Wagner und Marshon Lattimore bildet er einen weiteren Teil des Erfolgsgerüsts der Commanders, ergänzt um junge, talentierte Spieler wie Runningback Brian Robinson Jr. und den ebenfalls bei der diesjährigen Draft verpflichteten Deutsch-Amerikaner Brandon Coleman, der in der Offensive Line wichtiger Beschützer des Quarterbacks ist. „Dieses Team“, sagte McLaurin in dieser Woche, habe in den vergangenen Jahren „einiges durchgemacht“. Jetzt auf der anderen Seite zu stehen „und die Früchte unserer Arbeit zu ernten, ist einfach unglaublich“.

In 24 Jahren unter Besitzer Dan Snyder gewann Washington insgesamt nur zwei Play-off-Spiele. Peters, Quinn und Daniels haben nun, in ihrem ersten Jahr, bereits einen ersten Erfolg vorzuweisen. Gegen die favorisierten Detroit Lions mit Receiver Amon-Ra St. Brown soll ein weiterer folgen. Unter anderem.

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