So isst Politik : Zum Katerfrühstück bei der FDP

Eben noch am Kabinettstisch bei Scholz, jetzt auf der Straße: Lief schon mal besser für die Liberalen. Immerhin haben sie noch sich. Und Croissants.
Seit ein paar Tagen ordnet das politische Berlin sich neu. Dazu gehört, dass alle in ihre Kalender schauen: Welche Termine können jetzt weg, welche kommen dazu? Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil ist mit einer Terminkollision konfrontiert, die man schicksalhaft nennen kann: Die vorgezogene Bundestagswahl fällt auf seinen Geburtstag. Marco Buschmann wiederum, gerade noch Bundesminister der Justiz, kann viele Termine streichen. Trotzdem steht er am Dienstagmorgen, kurz vor neun, im Foyer des Jakob-Kaiser-Hauses; in den oberen Etagen haben viele Abgeordnete ihre Büros. Buschmann trägt überm hellgrauen Anzug plus Krawatte einen schwarzen Parka, wie um zu zeigen, dass er für jeden Sturm gerüstet sei. Was steht an?
Durchaus viel, lässt Buschmann durchblicken. Erstens, weil er ja immer noch Abgeordneter der FDP ist, und zweitens, weil er zu den engsten Vertrauten seines Parteichefs Christian Lindner zählt. Der braucht ihn in nächster Zeit.

Drittens, könnte man hinzufügen, produziert Buschmann ja auch noch elektronische Beats. Sein Track zum Ampel-Aus ist pulsierender Gregorianik-Pop mit dem Titel „Gehen, um zu stehen“. Apropos gehen: Nun aber rauf in die 5. Etage. Leider kommen die Aufzüge nicht. Buschmann führt zu einem abgelegenen Lift, der sofort heran saust.
„Die Ampel ist Geschichte, und das ist gut so“
Fahren, um (Zeit) zu sparen – während Buschmann sich verabschiedet, beginnt einige Räume weiter eine Hintergrundrunde bei seinem Parteifreund Johannes Vogel. Der ist Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion, eine Art Manager des Parlamentsalltags, und berichtet Journalisten regelmäßig, was in der neuen Sitzungswoche ansteht. Dazu liefert das Bundestagscatering Rührei, Croissants, Filterkaffee und Obst; Letzteres ist besonders begehrt, weil selten auf Konferenztischen. Es passt zum Selbstverständnis der FDP als schlanker, moderner Partei.

Unvergessen darum, wie ihr während der Koalitionsverhandlungen mit SPD und Grünen 2021 eine Cateringpanne passierte; eine Bestellung ging schief, die Ampel-Arbeitsgruppe wurde mit Platten voller Mettbrötchen beliefert. Den Grünen sollen die Gesichtszüge entgleist sein. Aber nur kurz. Die Laune war zu gut, um sie sich vermiesen zu lassen.
Nun ist alles anders, Ernüchterung, Katerstimmung. Vogel beginnt seine Runden stets mit einigen Sätzen „unter eins“. Das heißt, sie dürfen zitiert werden. In dieser Woche sagt er so schwungvoll, wie man nach einer langen Nacht ein Glas Wasser hinunterkippt: „Guten Morgen nach einer wahrhaft historischen Woche. Die Ampel ist Geschichte, und das ist gut so.“ Dann viele Journalistenfragen und noch mehr Vogelantworten. Fast alle drehen sich um die neue Rolle der FDP: plötzlich Opposition.