Dschungelcamp-Kolumne :
„Bitte triff einfach ins Klo!“

Von Marie von den Benken
Lesezeit: 5 Min.
Schon ein hoffnungsloser Fall? Sam Dylan (links) muss zur Dschungelprüfung. Lilly Becker und Pierre Sanoussi-Bliss begleiten ihn.
Tag 3 des Dschungelcamps startet mit einigen unverhofften Schockmomenten. Wenig überraschend dagegen: die sinkenden Beliebtheitswerte von Sam Dylan und die Fäkalien-Analysen von Maurice Dziwak.
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Der Volksmund behauptet ja, aller guten Dinge wären drei. Nach orkanartigem Regenchaos am Vortag wäre den bei Wasser und Krokodilpenis im RTL-Showdschungel kasernierten D-Promis heute vermutlich „aller guten Dinge sind dry“ lieber.

Dennoch startet Tag drei der TV-Resozialisierungs-Doku „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus“ mit einigen unverhofften Schockmomenten. Als hätten die gestrigen Niederschlagsrekorde im Camp der feingeistigen Fernseh-Vordenker nicht bereits ausreichend feucht durchgewischt, lassen inzwischen sogar die Zuschauer das einstige Quotenparadies am Lagerfeuer im Regen stehen.

Viele Jahre lang hatte man den Eindruck, man müsse nur Sonja Zietlow, zwölf kognitiv halb belastbare Sprachakrobaten und 40.000 fermentierte Kotzfrucht-Eier in den australischen Busch schicken, und schon hagelt es Rekordquoten. Leider scheint die Rezession jedoch auch beim Ironiefernsehen angekommen zu sein. Nach sehr ordentlichen 4,71 Millionen Zuschauern zum Dschungel-Auftakt im Vorjahr entschieden sich zum Start der 18. Staffel dieses Jahr nur noch 3,9 Millionen Dr.-Bob-Fans für die Jan-Köppen-Oberhemdenfestspiele aus Down Under.

Ein derartiges Anteilsminus kennt man sonst nur von der SPD

Damit liegt das aktuelle Promi-Schafhirn-Wettessen mit 36,9 Prozent Marktanteil bei der sogenannten werberelevanten Zielgruppe immer noch deutlich über dem üblichen RTL-Senderdurchschnitt (8,5 Prozent). Die auf neue Rekorde hoffende RTL-Führungsetage hat das Champagnerfrühstück für die gesamte Belegschaft aber zunächst verschoben. Immerhin sprechen wir von mehr als 17 Prozent Verlusten zum 2024er-Start. Ein derartiges Anteilsminus kennt man sonst nur von der SPD.

Erwartungsgemäß hysterisch reagieren die Verantwortlichen: Die RTL-Programmleitung schickt IBES am dritten Tag in Kurzarbeit. Statt der knapp vier Stunden an Tag eins und der 2,5 Stunden an Tag zwei gibt es am Sonntag knapp 40 Minuten frische Dschungel-Kost. Kürzer als die sonntägliche Dschungel-Episode ist eigentlich nur noch die emotionale Zündschnur von Oliver Pocher, wenn jemand sagt: „Mit Christian Düren hat Amira jetzt endlich einen anständigen Mann an ihrer Seite!“ Alle drei – also Pocher, Amira Aly und Düren – wünscht sich RTL Insidern zufolge übrigens im Kader für das Feldbett-Festival 2026. Dann müsste sich der Sender keine Sorgen mehr um Quoten machen.

Jemanden „Bruder“ zu nennen geht wirklich zu weit

An diesem Sonntag stehen nun also weniger als 35 Nettominuten zur Verfügung. Logisch, dass RTL sich zunächst ausführlich mit den nächtlichen Durchfall-Orgien von Maurice Dziwak beschäftigt. Der hat offenbar einen Stuhlgang, wie ich Pancakes backe: aus unerfindlichen Gründen mal zu flüssig, mal zu matschig, mal zu hart. Um diese Exkrementen-Varianz gebührend zu präsentieren, bittet Dziwak seinen Dschungel-Bro Timur Ülker um Beistand. Der steht, vermutlich seine berufliche Entscheidung zur Teilnahme am Dschungelcamp überdenkend, als Zaungast-Zeuge vor der Toilette und fleht Dziwak an: „Bitte triff einfach ins Klo!“

Lässt die Nation an seinem Klogang teilhaben: Maurice Dziwak
Lässt die Nation an seinem Klogang teilhaben: Maurice DziwakRTL / Boris Breuer

Stolz verkündet Dziwak ihm den Zwischenstand seines Fäkal-Phänomens: „Bruder, es ist Dünnschiss mit bisschen hart!“ Die gesamte Nation an seinem Notdurft-Abenteuer teilhaben zu lassen, scheint ihm normal zu sein. Selbstkritisch betrachtet Dziwak eher seinen Wortschatz: „‚Bruder‘ ist mein Wort! Das muss ich mir abgewöhnen, das hört sich so vulgär an!“ Dem kann ich nur zustimmen. Sein „Kot für die Welt“-Darmentleerungs-Tutorial stört gar nicht, aber jemanden „Bruder“ zu nennen, das geht wirklich zu weit.

Am Lagerfeuer klärt Pierre Sanoussi-Bliss die schockempörte Nina Bott derweil darüber auf, wie unmenschlich sich das ZDF ihm gegenüber bei seinem unfreiwilligen Abschied von der Freitagabend-Kultserie „Der Alte“ verhalten hat. Was er damals offenbar noch nicht wusste: Vor dem Zweiten flieht man besser!

Zum Glück ist Thorsten Legat nicht in Australien

Stichwort Fliehen: Sam Dylan hat seinen Vertrag für die Teilnahme offenbar mit der Hoffnung unterzeichnet, beim Publikum so beliebt zu sein, dass er nie an einer Dschungelprüfung teilnehmen muss. Nach vier gnaden- und chancenlos vergeigten Auftritten in der Prüfungsphase (immer null Sterne) stapelt er vor seinem fünften Versuch lieber tief: „Ich bin so schwach, ich sehe mich selbst in der dritten Person!“ Was genau Dylan damit meint, bleibt ungeklärt.

Leichter Optimismus kehrt bei ihm erst vor dem drohenden Prüfungsbeginn zurück: „Ich mache heute die Phönix auf der Asche!“ Das wäre überraschend, aber nicht so überraschend, als würde er die Prinzessin aus der Erbse geben. Sollte ihm das Phönix-Vorhaben gelingen, würde er sofort wieder auf der Sonnenseite der nach unten offenen internen Beliebtheitsskala stehen: „Dann kann ich alles von gestern ausrasieren!“ Bleibt zu hoffen, dass er auch noch an adäquates Aussehen denkt und sich die Nackenhaare ausradiert.

Sam Dylan hat sich die berühmten Worte der populären TV-Philosophin Noëlla Mbomba (2022 immerhin Vierte in Heidi Klums Model-Assessmentcenter GNTM) nicht zu Herzen genommen: „Wir sind hier im Fernsehen, die wollen ja nicht, dass wir sterben!“ Er versagt erneut und holt zum fünften Mal in Serie genauso viele Sterne wie Til Schweiger Oscars: null. Zum Glück ist Thorsten Legat nicht in Australien. Für diese Minderleistung hätte es andernfalls ein Kasalla gegeben, gegen das der Urknall ein Tischfeuerwerk gewesen wäre.

Dylans Beliebtheitswerte fallen schneller als Karim Adeyemi im Strafraum

Nach dieser erneuten Totalpleite schwindet auch das Vertrauen der Mitcamper. Dünnpfiff-Dramaturg Dziwak fragt sich: „Ist das Show?“ Er stellt ja nur Fragen. Und kann die sogar begründen: „Prüfungen sind gleich Aufmerksamkeit, sind gleich Sendezeit. Das ist ein einfaches 1x1!“ Genau! Im Gegensatz zu den schweren 1x1. Auch Lilly Beckers Geduld scheint sich dem Ende zu nähern: „Ich traue ihm nicht!“ So dramatisch kann sich Arbeitsverweigerung auswirken. Sam Dylans Beliebtheitswerte fallen schneller als Karim Adeyemi im Strafraum.

Traditionell sehen Dschungel-Stammzuschauer nicht so beliebte Charaktere sehr gerne leiden. Somit wird Dylan auch am Folgetag wieder im Prüfungsring stehen. Dann aber wenigstens nicht allein. Das Couch-Publikum schickt nämlich Aldi-Aspirantin Alessia Herren als Assistentin mit ins Sternensammler-Abenteuer. Die Wettquoten dafür, dass Sam Dylan während dieser Staffel mal einen Stern mit ins Camp bringt, stehen mittlerweile irgendwo zwischen „Olaf Scholz wird wieder Bundeskanzler“ und „Die Flippers werden Vorgruppe bei der nächsten Welttournee von Taylor Swift“.

Daher lässt Lilly Becker Dylan links liegen, schnappt sich Alessia Herren und brüllt sie in Box-Trainer-Manier an: „Du sagst auf keinen Fall den Satz!“ Damit ist selbstverständlich „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ gemeint, mit dem die Prüfung sternenlos abgebrochen werden würde. Wobei das Risiko ohnehin überschaubar ist. Kaum jemand würde ernsthaft annehmen, dass Alessia Herren sich diesen Satz merken kann. Wie viele Sterne das Traumduo Dylan/Herren am Montag erspielen wird, verrate ich genau an dieser Stelle! Bis dann!

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