FAZ+Vor der Eröffnung am Samstag :
Antisemitismus bei der Documenta 1955?

Von Lothar Sickel
Lesezeit: 9 Min.
Für die fünfzehnte Documenta, die am Samstag in Kassel eröffnet wird, hat der rumänische Künstler Dan Perjovschi die Säulen des Fridericianums schwarz eingeschlagen und mit Graffiti versehen. So empfängt die Documenta ihre Besucher mit überdeutlichen Andeutungen auf die dunkle Seite ihrer Geschichte.
Am Samstag eröffnet die Documenta, überschattet vom Verdacht auf Antisemitismus. Unter denselben Verdacht stellt das Deutsche Historische Museum die allererste Documenta. Trifft er zu?
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Ende Januar dieses Jahres meldeten die Uffizien die Neuerwerbung eines Ge­mäldes von Rudolf Levy. Das Bildnis eines jungen Mädchens aus dem Jahr 1942, betitelt „Fiamma“, war im Florentiner Kunsthandel schon länger im Angebot. Der Ankauf erfolgte bewusst zum internationalen Gedenktag für die Opfer der NS-Verbrechen am 27. Januar. Wegen seiner jüdischen Herkunft hatte der 1875 geborene Rudolf Levy aus Deutschland fliehen müssen. Bereits seit Jahren im Exil lebend, kam er 1938 nach Italien und fand in Florenz ein bescheidenes Auskommen. Im Dezember 1943 wurde er jedoch von Schergen der Gestapo in einen Hinterhalt gelockt und verhaftet. Er verstarb Ende Januar 1944 noch in Italien auf dem Transport in ein Vernichtungslager. Sein Todesdatum konnte in jüngeren Nachforschungen nur annähernd bestimmt werden. Das neu erworbene Gemälde wird sicherlich auf der für 2023 in Florenz geplanten Levy-Sonderausstellung zu sehen sein.

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