Habermas über Bohrer : Literatur und Leben als Lebensthema

In Frankfurt, der damals wohl intellektuell beweglichsten Stadt Deutschlands, fand Karl Heinz Bohrer sein Thema. Vom Literaturkritiker wurde er zum Literaturtheoretiker, dessen Überzeugung, Kunst und Leben seien unvereinbar, auch Konsequenzen für sein Leben haben musste.
Es muss noch vor dem Juni 1967, dem Schah-Besuch in Berlin und dem Sechs-Tage-Krieg in Israel gewesen sein, als mich Karl Korn anrief und mir den Besuch von Karl Heinz Bohrer ankündigte: Ich solle seinem begabten jungen Mitarbeiter das Who is who der unübersichtlichen kulturrevolutionären Szene in Berlin erklären. Die Redaktion wollte sich damals aus erster Hand informieren. Daraus ergab sich eine freundlich-lebhafte Diskussion mit einem ungewöhnlich neugierigen Journalisten von eigentümlich flackernder Intelligenz.