Wie erkläre ich’s meinem Kind? : Was es für Christen Karfreitag zu feiern gibt

Da stirbt einer einen entsetzlichen Tod, und für seine Anhänger wird dieser Tag zu einem der wichtigsten Feste überhaupt? Für Christen ist die Kreuzigung Jesu an Karfreitag eine Geschichte der Liebe und Erlösung.
Für viele Menschen, die an den christlichen Gott glauben, ist es der wichtigste religiöse Feiertag überhaupt: Karfreitag, der Tag, an dem Jesus ans Kreuz geschlagen wurde und starb. Die Geschichte ist grausam. Für Menschen, die nicht an Gott glauben, ist schwer zu verstehen, wie eine Hinrichtung und ihr Werkzeug, das Kreuz, Inbegriff und Zeichen der Liebe Gottes sein können, seiner Gnade und der Erlösung. Es gibt sogar Kinder, die im christlichen Glauben aufwachsen und trotzdem richtig Angst haben vor den Bildern in manchen Kirchen, in denen gezeigt wird, wie Jesus gequält und verhöhnt wird, bevor er schließlich draußen vor der Stadt Jerusalem sterben musste, lange und qualvoll.
Dass die Christen zu Weihnachten feiern, dass ihr Gott ihnen als Zeichen seiner Liebe und Verbundenheit seinen Sohn, Jesus, als Mensch auf die Erde schickt, als Erlöser der Menschheit, das ist viel leichter zu verstehen: Es gibt Engel, die den beunruhigten Menschen sagen, dass sie sich keine Sorgen machen sollen. Es gibt weitgereiste Weise, die dem Baby Geschenke bringen und damit zeigen, welche Bedeutung sie seiner Geburt beimessen. Es gibt, bei all den ärmlichen Umständen der Geburt, genügend Zeichen dafür, dass hier etwas Heiliges geschieht. Zeichen, die wir auch heute noch verstehen können.
Aber nicht die Krippe ist das Symbol, das manche Christen an einer Kette um den Hals tragen. Um sie geht es nur in der Advents- und Weihnachtszeit. Und auch die vielen Geschichten, die in der Bibel von Jesus erzählt werden, die bewegenden Dinge, die er tat oder sagte, sind offenbar weniger wichtig als dieses Kreuz. Warum?

Weil Jesus, so glauben die Christen, nicht nur von Menschen getötet worden, sondern für die Menschen gestorben ist. Er hat für sie den Tod überwunden, schließlich ist er ja, darum geht es dann an Ostern, am dritten Tag der Geschichte, von den Toten wieder auferstanden. Das ist natürlich wirklich unglaublich, selbst manche Jünger – so heißen in der Bibel die Männer, die Jesus unterstützt haben und viel von ihm wussten – wollten das zuerst nicht wahrhaben.
Ohne Ostern unverständlich
Gott, so glauben es die Christen, liebt die Menschen nicht nur so sehr, dass er ihnen seinen eigenen Sohn auf die Erde schickt. Nicht einmal nur so sehr, dass er seinen eigenen Sohn Mensch werden lässt, mit allem, was dazugehört, also auch dem Umstand, dass er einmal sterben muss. Gott liebt die Menschen sogar so sehr, dass er seinen Sohn sterben lässt, als er noch ein junger Mann ist, als er mit seiner Botschaft, der Botschaft Gottes, gerade immer mehr Leute erreicht, immer bekannter wird – und immer gefährlicher in den Augen derer, die glaubten, er wolle ihnen ihre Macht streitig machen, im Hier und Jetzt, auf der Erde, in Jerusalem.
Für Christen ist ganz wichtig, dass die Menschen in ihrem Leben eine Schuld haben, die ihnen nur Gott erlassen kann – nicht daran, dass ein Teller runtergefallen und kaputtgegangen ist, nicht an einer zerstörten Fensterscheibe, einem Feuer, einem Verkehrsunfall, das sind alles Dinge, mit denen wir Menschen mit unseren Regeln und Gesetzen und Gerichten schon einigermaßen klarkommen. Wir Menschen können nicht immer gut sein, wir machen Fehler, wir lügen und hassen und zerstören – unsere Umwelt, unser Miteinander, unsere Verbindung zu Gott, im Großen wie im Kleinen, und zwar so, dass wir da allein nicht rauskommen. Es reicht nicht, dass wir uns vornehmen, gut zu sein. Das schaffen wir nicht. Wir können uns nicht selbst erlösen. Müssen wir ja auch nicht, sagen vielleicht die Leute, die nicht an Gott glauben, sondern daran, dass mit dem Tod eben alles vorbei ist: Es reicht, sagen sie, wenn wir uns zeitlebens Mühe geben, fair und gerecht zu sein. Und wenn wir miteinander nachsichtig sind, wenn das nicht immer klappt.
Zum christlichen Glauben gehört allerdings auch die Vorstellung, dass sich die Menschen nach ihrem Tod für das, was sie getan haben, wie sie gelebt haben, verantworten müssen. Da ist es ein Trost für alle, die an Gott glauben: Sie glauben, dass sie von ihrer Schuld erlöst werden, durch Gott. Weil jemand anders für sie gestorben ist. Gottes Sohn. Jesus. An Karfreitag. Auf schreckliche Weise. Und man muss wirklich ganz schön viel darüber wissen, um in dieser schrecklichen Geschichte die Hoffnung, die Liebe und das Glück zu sehen, für das der Kreuzestod Jesu steht. Und mit ihm das Kreuz selbst.
So dunkel und schwer und leidvoll die Geschichte auch ist, an die mit diesem Tag erinnert wird: Karfreitag ist einer der wichtigsten christlichen Feiertage. Aber er ist undenkbar ohne die Feiertage, die ihm folgen: Ostern, wenn die Gläubigen die Auferstehung Christi feiern, seine Himmelfahrt – und schließlich Pfingsten, wenn es um den Heiligen Geist geht, der neben Gottvater und Jesus Christus auch noch zum dreieinigen Gott der Christen gehört. Man merkt schon: Diese Feste sind nicht unbedingt einfacher zu verstehen als der Karfreitag, aber leichter, heller sind sie schon.
Eine illustrierte Auswahl von Beiträgen unserer Kolumne „Wie erkläre ich’s meinem Kind?“ ist bei Reclam erschienen.
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