Kolonialismus : Nicht alles soll schlecht gewesen sein?
Ein Laienvertreter der Synode der anglikanischen Kirche wird für kritisiert, weil er behauptet hat, nicht alles am britischen Weltreich sei schlecht gewesen. So deuten Kritiker den Einwurf in einer Debatte über die künftige Einbeziehung der internationalen anglikanischen Kirchengemeinschaft in die Wahl des Erzbischofs von Canterbury, Primas der Mutterkirche der Anglikaner. Graham Drake, Kommunikationsdirektor der weltweiten Anglikanischen Gemeinschaft, musste klarstellen, dass er lediglich dafür plädiert habe, den Stimmen der aus der britischen Herrschaft hervorgegangen anglikanischen Kirchen mehr Gehör zu schenken. Schließlich sei auch die Rolle des Erzbischofs eine Folge des Empire.
Drake hatte den ehemaligen Bischof von Kuching auf der Insel Borneo mit der Bemerkung zitiert, die Briten sollten aufhören, sich für den Kolonialismus zu entschuldigen. Nicht alles sei schlecht gewesen, habe der Bischof bemerkt und hinzufügt, wenn der Kolonialismus nicht gewesen wäre, würde sein Volk noch aus Kopfjägern bestehen. Drake sah sich veranlasst zu erklären: „der Kolonialismus ist schlecht und der britische Kolonialismus war schlecht.“ Doch könne man ihn nicht ungeschehen machen und weil er geschehen sei, besitze England andere Formen des Einflusses, die heute zum Guten genutzt werden könnten.
Er hätte wissen müssen, dass ihm Gegenwind entgegenschlagen würde. Die moralische Bewertung der Geschichte, die sich auch Justin Welby, der gegenwärtige Erzbischof von Canterbury zu Eigen macht, lässt keine Grautöne zu. Das zeigt der Streit um das Denkmal von Tobias Rustat in der Kapelle von Jesus College, Cambridge. Da er ein Investor der Royal African Society war, die das Monopol für den britischen Sklavenhandel besaß, wird das Denkmal zu Ehren des Stifters jetzt „unvereinbar mit der Kapelle als inklusiver Gemeinschaft und Ort des kollektiven Wohlseins“ empfunden. Die College-Leiterin Sonita Alleyne will das Relief „im Rahmen des Prozesses der kritischen Selbstreflexion des langfristigen Vermächtnisses von Sklaverei und kolonialer Gewalt“ verlegen.
Die Entscheidung liegt bei einem Kirchengericht, das gerade eine dreitägige Anhörung abhielt. Vor dem Urteilspruch hat Welby für das College Partei ergriffen. Der Erzbischof bemängelte, dass eine schwarze Frau gezwungen sei, in der Kapelle das Denkmal eines Mannes anzuschauen, der die Sklaverei finanziert habe. Welby hat jedoch kein Wort darüber verloren, dass das College für sein China-Zentrum zur Förderung des Verständnisses zwischen China und dem Westen Gelder von einem Regime entgegennimmt, das sich heute der Sklavenarbeit bedient.