Benin-Bronzen an Nigeria :
Jetzt sind die Museen am Zug

Andreas Kilb
Ein Kommentar von Andreas Kilb
Lesezeit: 2 Min.
Afrikanische Krieger aus Metall: Benin-Bronzen aus dem Stuttgarter Linden-Museum
Nigeria wird Eigentümer der Benin-Bronzen. Ein Teil von ihnen bleibt als Leihgabe in Deutschland. Aber den ethnologischen Museen fehlt ein Konzept, wie sie sie ausstellen wollen.
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Die Vereinbarung über die Übertragung des Eigentumsrechts an den Benin-Bronzen an den nigerianischen Staat, die am Freitag von der deutschen Außenministerin, der Kulturstaatsministerin und Vertretern Nigerias im Auswärtigen Amt unterzeichnet werden soll, ist für die deutschen Museen kein Verlustgeschäft. Sie ist ein Befreiungsschlag.

Durch sie be­kom­men die Mu­seen die Möglichkeit, über eine Neupräsentation der Bronzen nachzudenken, ohne Proteste von Aktivisten oder Querschüsse von Politikern be­fürch­ten zu müssen. Das gilt besonders für die Institution, welche die meisten der etwa elfhundert nach Deutschland gelangten Benin-Stücke besitzt, die Staatlichen Museen zu Berlin. Als vor zwanzig Jahren der Umzug der ethnologischen Sammlungen aus Dahlem in das Humboldt-Forum beschlossen wurde, war die De­batte um Raubkunst aus Afrika und ihre Rückgabe an die Herkunftsländer nur ein Wetterleuchten am Horizont. In­zwischen ist klar, dass man ethnologische Objekte aus der Zeit des Hochkolonialismus hierzulande nicht mehr ausstellen kann, ohne nach ihrer Er­wer­bungs­ge­schich­te zu fragen und ei­ne Restitution zumindest in Betracht zu ziehen.

Für September ist nun die Eröffnung des Ostflügels des Humboldt-Forums mit der neuen Dauerausstellung der Staatlichen Museen geplant, in der auch eine Auswahl von Benin-Bronzen zu sehen sein soll. Der Intendant des Forums, Hartmut Dorgerloh, hat öffentlich kaum ein Hehl daraus gemacht, dass er dieser Präsentation mit Sorge entgegensieht. Diese Bedenken dürften mit der Un­ter­zeich­nungs­zere­monie am Freitag erledigt sein. Die Benin-Bronzen der deutschen Museen gehören dann dem Staat Nigeria, und er entscheidet auch darüber, wie viele von ihnen als Dauerleihgaben in Deutschland bleiben. Hinter vorgehaltener Hand ist von ei­nem Drittel oder Viertel der jetzigen Be­stän­de die Rede, also drei- bis vierhundert Objekten. Einige davon könnten künftig ungestört im Humboldt-Forum stehen, andere in Köln, Hamburg, Leipzig und Stuttgart.

Aber das ist erst der Anfang der neuen deutschen Benin-Herrlichkeit. Denn die ethnologischen Museen haben noch keine wirkliche Idee, wie sie die ihnen großzügig überlassenen Bron­zen in Zukunft ausstellen sollen. Um dazu zu gelangen, müssten sie sich endlich von der realitätsfremden Vorstellung trennen, Ethnologie habe mit Geschichte nichts zu tun. Sie müssten die Kunst des Königreichs Benin ebenso wie die Re­lik­te anderer Kulturen als Ergebnis historischer Entwicklungen begreifen – des Sklavenhandels, der kolonialen Er­obe­rung, aber auch von Territorialkriegen innerhalb einzelner Regionen. Erst dann könnten sie die Objekte so zum Sprechen bringen, wie es heutige Betrachter erwarten. Die Ethnologie hat die Pflicht, sich historisch aufzuklären. Sie sollte sofort damit beginnen.

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