100 Jahre Surrealismus : Wie alt kann eine Avantgarde werden?
Am 1. April 1922 veröffentlicht André Breton in seiner Zeitschrift „Littérature“ einen Appell: „Lâchez tout! (Geben Sie alles auf), der mit den Aufforderungen schließt: „Geben Sie Dada auf. Geben Sie notfalls ein Leben im Wohlstand auf, was auch immer man Ihnen für eine Zukunftsstellung bietet. Machen Sie sich auf den Weg.“ Ebendies unternehmen Breton, Louis Aragon, Max Morise und Roger Vitrac im Mai 1924: Sie lassen den Zufall entscheiden und machen eine surrealistische „Reise ins Blaue“ nach Blois und wandern von dort aus ohne festes Ziel zehn Tage in der Loire-Gegend. Was sie suchen und nicht finden, ist die blaue Blume des Surrealismus. Ihr Reise-Experiment, das die Stadterforschungs-Streifzüge der Situationisten vorwegnimmt, führt nicht nur zu Depressionen und Spannungen, es demonstriert auch, dass man so dem Surrealismus nicht begegnet. In gewisser Weise antwortet Breton auf diese Erfahrung mit seinem Manifest, um zu zeigen, wie der Surrealismus möglich werden kann.
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