FAZ+100 Jahre Surrealismus :
Wie alt kann eine Avantgarde werden?

Von Wolfgang Asholt
Lesezeit: 12 Min.
Frankreich feiert das Jubiläum, aber die Wirkung des vor hundert Jahren von André Breton veröffentlichten Manifests war weltweit: Blick in die gerade im Centre Pompidou laufende Ausstellung zu hundert Jahren Surrealismus.
Am 15. Oktober vor hundert Jahren veröffentlichte André Breton sein „Surrealistisches Manifest“. Danach war in Literatur und Kunst nichts mehr wie zuvor.
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Am 1. April 1922 veröffentlicht André Breton in seiner Zeitschrift „Littérature“ einen Appell: „Lâchez tout! (Geben Sie alles auf), der mit den Aufforderungen schließt: „Geben Sie ­Dada auf. Geben Sie notfalls ein Leben im Wohlstand auf, was auch immer man Ihnen für eine Zukunftsstellung bietet. Machen Sie sich auf den Weg.“ Ebendies unternehmen Breton, Louis Aragon, Max Morise und Roger Vitrac im Mai 1924: Sie lassen den Zufall entscheiden und machen eine surrealistische „Reise ins Blaue“ nach Blois und wandern von dort aus ohne festes Ziel zehn Tage in der Loire-Gegend. Was sie suchen und nicht finden, ist die blaue Blume des Sur­realismus. Ihr Reise-Experiment, das die Stadt­erforschungs-Streifzüge der Situationisten vorwegnimmt, führt nicht nur zu Depressionen und Spannungen, es demonstriert auch, dass man so dem Surrealismus nicht begegnet. In gewisser Weise antwortet Breton auf diese Erfahrung mit seinem Manifest, um zu zeigen, wie der Surrealismus möglich werden kann.

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