Gastland Italien :
Die römische Afroeuropäerin

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Die Schriftstellerin Igiaba Scego
Es gibt auch regierungskritische Stimmen aus Italien auf der Frankfurter Buchmesse: Die Schriftstellerin Igiaba Scego ist in Deutschland noch fast unbekannt, das wird sich hoffentlich bald ändern.
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Morgen eröffnet die Frankfurter Buchmesse, Gastland ist Italien. Anfang des Jahres hatte Kulturstaatsministerin Claudia Roth ihre Sorgen diesbezüglich geäußert: „Kommen da jetzt die Faschos an?“ Als dann noch der Schriftsteller und Journalist Roberto Saviano, Kritiker von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, nicht Teil der offiziellen Gastlanddelegation war, begannen die Diskussionen erst richtig. Etwas unter ging dabei, dass viele andere regierungskritische Stimmen durchaus auf der Liste standen. Eine davon ist die Römerin Igiaba Scego, die für die linke Zeitschrift „Internazionale“ schreibt und sich regelmäßig in politische Debatten, etwa zum Thema Migration, einmischt.

Vor allem aber ist Scego eine großartige Schriftstellerin, wenn auch in Deutschland noch relativ unbekannt. Obwohl sie seit über zwanzig Jahren schreibt, erschien ihr erstes Buch auf Deutsch erst vor vier Jahren im Freiburger Nonsolo Verlag. „Dismatria“ war eine Sammlung kürzerer Texte. Nun hat der S. Fischer Verlag mit „Kassandra in Mogadischu“ erstmals einen ihrer Romane auf Deutsch veröffentlicht.

Leben in der Diaspora

Igiaba Scego wurde 1974 in Rom geboren. Ihre Eltern flohen vor der Militärdiktatur Siad Barres nach Italien, der Vater war in der kurzen demokratischen Ära des Landes Minister, Botschafter und Bürgermeister von Mogadischu gewesen. Während die Familie dort ein großes Haus besaß, wohnten sie in Rom in einer kleinen Wohnung; aus dem Politiker wurde ein Geflüchteter. Heute ist Scegos Familie über den gesamten Globus verteilt. In ihrem Werk beschäftigt sich die Schriftstellerin mit dem Leben in der Diaspora, mit den Folgen des somalischen Bürgerkriegs, den ihre Mutter vor Ort miterlebte, mit der Frage, was vom italienischen Kolonialismus bleibt.

Dabei interessieren sie weniger die großen politischen Themen als das tägliche Leben. Was entsteht, wenn zwei Kulturen sich mischen? Wo findet man das Italienische in der somalischen Sprache und Kultur? Scego bezeichnet sich als Afroeuropäerin, vor allem aber als Römerin. Sie ist von ihren somalischen Wurzeln ebenso geprägt wie von Jane Austen, Agatha Christie und Ludovico Ariost. Ihr Buchtitel zitiert die Kassandra der deutschen Schriftstellerin Christa Wolf.

„Kassandra in Mogadischu“ ist ein Brief an Scegos Nichte. Im Nachwort schreibt die Autorin, die selbst keine Kinder hat, in Somalia seien Tanten eine Institution. Sie hält es für wichtig, das Gespräch zwischen den Generationen wachzuhalten. Ihr Buch widmet sie deshalb den Jungen. Scego scheut sich nicht, ihre politische Position zu vertreten, sie mischt sich ein. Aber sie ist auch eine Vermittlerin, zwischen Generationen, Ländern und Kulturen.

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