Zum Tod von F.C. Delius : Je persönlicher er wurde, desto größer das Staunen

Er begann als zorniger junger Mann. Seine Romane und Erzählungen, übersetzt in mehr als zwanzig Sprachen, spiegeln deutsche Geschichte und Mentalitätsgeschichte wider. Zum Tod des Schriftstellers Friedrich Christian Delius.
Genau zwei Wochen vor seinem Tod schrieb Friedrich Christian Delius seinen letzten Text, und die F.A.Z. druckte ihn (am 17. Mai). Darin sagte der Schriftsteller dem PEN nach fünfzig Jahren Mitgliedschaft Lebewohl, weil ihn die Umstände der jetzt schon berühmt-berüchtigten Tagung von Gotha empört hatten. In diesen Artikel steckte Delius noch einmal seinen ganzen Elan; niemand hätte nach der Lektüre vermutet, dass dieser zornentbrannte Mann wenig später sterben würde. Und es war auch insofern ein für Delius typischer Text, als er sich darin einmal mehr als zeitgeschichtlicher Chronist erwies: mit einer Reminiszenz an die eigenen schriftstellerischen Anfänge in den frühen Siebzigerjahren, als er sofort herausgefordert hatte, was in der Bundesrepublik als unantastbar galt, in diesem Fall den Siemens-Konzern. F. C. Delius, wie er seinen preußisch klingenden Vornamen lange Zeit abkürzte, war niemand, der auf Empfindlichkeiten Rücksicht nahm – auch nicht auf die eigenen. Die einzige Ausnahme war seine Sprachsensibilität, die in Büchern Ausdruck fand, die zum stilistisch Schönsten gehören, was die deutsche Gegenwartsliteratur hervorgebracht hat.