Buch über Epochenbruch :
Gab es Europas Mittelalter?

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Mittelalterliches Herrschaftswissen: Ambrogio Lorenzettis Freskenzyklus im Ratspalast von Siena entstand zwischen 1337 und 1343.
Bernhard Jussen will den Begriff des europäischen Mittelalters abschaffen. Dafür liest er Bildzeugnisse eines ganzen Jahrtausends gegen den Strich – und bestätigt ungewollt, was er zu widerlegen versucht.
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Vor fast genau fünfzehnhundert Jahren, um 530 nach Christus, setzte ein römischer Aristokrat seiner Mutter in einer Katakombe vor den Stadtmauern Roms ein Grabdenkmal in Form eines Freskos. Das Bild, das 1595 wiederentdeckt und im zwanzigsten Jahrhundert restauriert wurde, zeigt die verstorbene Turtura neben Maria und dem Jesuskind, die auf einem juwelenbedeckten Thron sitzen, und den Märtyrern Felix und Adauctus, die am selben Ort begraben sind. Darunter ließ der Sohn eine Inschrift anbringen, auf der die lange Witwenschaft der Mutter mit einem Wortspiel gepriesen wird: „Turteltaube (lateinisch turtura) hast du geheißen, und du warst wirklich eine Turteltaube, die nach dem Tod des Mannes keinen zweiten geliebt hat.“ In der christlichen Lesart, die auf Aristoteles zurückgeht, ist die Turteltaube das Sinnbild weiblicher Treue.

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