Hans Ulrich Gumbrecht: Nach 1945 :
Die Überführung der Theorie in Ausdruckstanz

Von Stephan Schlak
Lesezeit: 6 Min.
Freestyle im Gestöber der Impressionen: Der Romanist Hans Ulrich Gumbrecht entwirft mit großer Geste ein wildes Bild der Nachkriegszeit.

Carl Schmitt notiert am 15. November 1948 in sein Tagebuch: „Von der Präsenz zur Präsentation, von da zur Repräsentation. Warum gibt es keine Re-Präsenz? Sondern nur Repräsentation? Dafür aber haben wir Re-Education.“

Die Reeducation zur Präsenz kommt aus Kalifornien. Hans Ulrich Gumbrecht zitiert in seinem neuen Buch den Klageruf Schmitts. Wenige Seiten zuvor hat Marilyn Monroe in „Some Like it Hot“ ihren Auftritt. Ihre unklaren Todesumstände werden ebenso angedeutet wie Spekulationen über den Mörder ihres womöglichen Liebhabers John F. Kennedy. Für Gumbrecht gehört es zum Code der Nachkriegszeit, „verbindliche Einsichten über ihre Realität“ nicht mehr zuzulassen. Die Jahre nach 1945 seien eingesponnen in ein Netz der Unwahrhaftigkeit, das trotz aller Lust an der Introspektion und Obsession der Befragung nicht durchstoßen werden könne.

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